Innovationspreis für erste Blockchain-Kooperation in der Justiz

Bundesnotarkammer und bayerisches Justizministerium erproben digitale Version von notariellen Vollmachten und Erbscheinen / Projekt bereits für weiteren Preis nominiert


Die bayerische Justiz und die Notare treiben die Digitalisierung voran. Für das jüngste Projekt wurden das bayerische Justizministerium und die Bundesnotarkammer mit dem »Innovationspreis Reallabore« als Sieger ausgezeichnet. Die Auszeichnung wurde am 26. Mai 2020 von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verliehen. Insgesamt hat die Jury aus 125 Beiträgen neun Sieger ausgewählt. Zudem zählt das Projekt zu den drei Finalisten für das »Beste Kooperationsprojekt« des
eGovernment-Wettbewerbs, der unter der Schirmherrschaft von Kanzleramtschef Helge Braun steht. Die Gewinner werden am 16. Juni 2020 bekannt gegeben.

Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich bei der digitalen Verleihung des Innovationspreises: »Die Welt von morgen ist digital. Wir wollen die Chancen der Digitalisierung für die Justiz nutzen. Das Projekt ist die erste Blockchain-Kooperation im Bereich der Justiz. Die Blockchain-Technologie kann bestimmte Verfahren vereinfachen und beschleunigen. Der Preis ist eine schöne Auszeichnung für unsere Innovationsfreude.«

Mit wissenschaftlicher Begleitung durch das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) haben Justizministerium und Bundesnotarkammer einen Prototyp für ein neues digitales Gültigkeitsregister entwickelt. Der Präsident der Bundesnotarkammer, Prof. Dr. Jens Bormann: »Als Notare wollen wir die Digitalisierung aktiv mitgestalten. Wir haben daher frühzeitig praktische Erfahrungen mit der Blockchain-Technologie aufgebaut. Die individuelle Beratung und Vertragsgestaltung durch den Notar bleibt dabei sehr wichtig. Es geht also darum, das Beste aus zwei Welten zu kombinieren.«

Notarielle Vollmachten und von Gerichten erteilte Erbscheine müssen besonders gut vor Missbrauch geschützt werden. Sie dürfen nur so lange im Umlauf bleiben, wie sie gültig sind. Auf der Blockchain-Grundlage zeigt das Register jederzeit missbrauchssicher, ob eine Vollmacht oder ein Erbschein noch gültig ist. Das schützt die Daten und erleichtert die Verwendung der Urkunden für Bürger, Notare und Gerichte. Papierurkunden und langwierige Gerichtsverfahren zur Kraftloserklärung könnten dadurch ersetzt werden.

Wird nämlich eine Vollmacht widerrufen oder ein Erbschein wegen Unrichtigkeit eingezogen, muss bisher das jeweilige Dokument zurückgegeben oder von einem Gericht für kraftlos erklärt werden. Dieses umständliche Verfahren wäre zukünftig entbehrlich. »Was in der Papierwelt drei Monate dauert, könnte künftig mit drei Klicks erledigt sein«, so Eisenreich.

Dieses Projekt bietet auch wichtige Erkenntnisse für die Digitalisierung anderer Dokumente und Ausfertigungen, wie etwa von Führerscheinen oder vollstreckbaren Gerichtsurteilen.

Abschließend äußerten beide Projektpartner ihre Absicht, in eine zweite Umsetzungsphase einzutreten und sich für die notwendigen Gesetzesänderungen einzusetzen.

Hintergrund:

Blockchain-Technologie beschreibt ein dezentral geführtes und gespeichertes System für die Datenhaltung. Erfunden wurde sie, um sicher Geld über den Computer verschicken zu können. Die ersten und bekanntesten Anwendungen waren die Krypto-Währungen. Dezentral bedeutet, dass die Daten nicht auf einem Server liegen, sondern über viele Computer verteilt. Dabei entsteht eine Kette von Blöcken, die nicht mehr verändert und / oder gestohlen werden kann. Im Vergleich zu einem zentral geführten System weist Blockchain also eine größere Robustheit gegenüber Angriffen auf, und es kann seltener zu Systemausfällen kommen. Die Nutzer können sich damit auf die Richtigkeit und Verfügbarkeit der abgerufenen Daten verlassen.

© BMWi

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