Stellungnahme vom 10.02.2022

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Durchführung der EU-Verordnungen über grenzüberschreitende Zustellungen und Beweisaufnahmen

Die Bundesnotarkammer begrüßt den Vorschlag, das Zentrale Vorsorgeregister (ZVR) als Anwendung der Telematikinfrastruktur (TI) im SGB V zu etablieren.

Es wird eine Klarstellung angeregt, dass die Nutzung der TI durch die Anwendung des ZVR die in § 327 Abs. 8 Satz 2 Var. 1 und Var. 2 SGB V geregelten Befreiungstatbestände für Nut-zungsentgelte erfüllt.

Ferner wird angeregt, die Anwendung des ZVR von den (monatlichen) Anschlusskosten nach § 327 Abs. 8 Satz 3 SGB V freizustellen.

Im Einzelnen:

Die Bundesnotarkammer begrüßt grundsätzlich den Vorschlag zur Einführung eines § 362b SGB V. Die Anbindung des ZVR an die TI ist nach Auffassung der Bundesnotarkammer der zweckmäßigste Weg für die technische Umsetzung einer Einsichtnahme für Ärztinnen und Ärzte in das ZVR nach § 78b Abs. 1 Satz 1 BNotO k.F. Durch § 362b SGB V-E wird nunmehr auch die rechtliche Grundlage für die Anbindung des ZVR an die TI geschaffen.

Unsere Anregungen beschränken sich auf die Regelungen zur Kostentragung. Durch die Anordnung einer entsprechenden Anwendung des § 327 SGB V in § 362b SGB V-E und die Erweiterung des § 328 SGB V-E werden nach unserem Verständnis folgende Kostenpositionen etabliert, die das ZVR als eine die TI nutzende Anwendung treffen könnten:

  1. Nutzungsentgelte (volumenabhängige Komponente sowie quartalsweise zu zahlender Sockelbeitrag) nach § 327 Abs. 8 Satz 1 SGB V
  2. Einmalige sowie monatliche Anschlusskosten nach § 327 Abs. 8 Satz 3 SGB V
  3. Kosten für das Bestätigungsverfahren nach der TeleGebVO

Insbesondere zu den ersten beiden Kostenpositionen regen wir Folgendes an:

Hinsichtlich der Nutzungsentgelte regen wir eine Klarstellung dahingehend an, dass die Nutzung der TI durch das ZVR unentgeltlich i.S.v. § 327 Abs. 8 Satz 2 SGB V ist, weil das ZVR Tatbestände für eine Nutzungsentgeltbefreiung erfüllt. Nach § 327 Abs. 8 Satz 2 Var. 1 SGB V ist die Nutzung unentgeltlich, wenn eine Anwendung im SGB V geregelt ist. Aufgrund der durch § 362b SGB V-E angeordneten entsprechenden Geltung des § 327 Abs. 8 Satz 2 SGB erfährt das ZVR im SGB V selbst eine seinen Status als Anwendung begründende Regelung und fällt damit unter die Befreiung. Nach § 327 Abs. 8 Satz 2 Var. 2 SGB V ist die Nutzung unentgeltlich, wenn Anwendungen zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung genutzt werden. Auch dieser Tatbestand ist erfüllt. Denn es besteht eine gesetzliche Verpflichtung der Registerbehörde, die Einsicht für Ärztinnen und Ärzte zu ermöglichen, § 78b Abs. 1 Satz 1 BNotO k.F. Die Anbindung des ZVR an die TI wird zur Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung genutzt.

Uns erscheint es zudem angemessen, das ZVR auch von wiederkehrenden Anschlusskosten nach § 327 Abs. 8 Satz 3 SGB V zu befreien. Dies könnte z.B. dadurch erreicht werden, dass in § 362b SBG V-E eine entsprechende Anwendung des § 327 Abs. 8 Satz 3 SGB-V ausgeschlossen wird.

Müsste das ZVR für seinen Anschluss an die TI Kosten entrichten, unterfielen diese Kosten § 78b Abs. 3 Satz 1 BNotO. Da das ZVR gebührenrechtlichen Grundsätzen, wie etwa dem Prinzip der Kostendeckung und dem Gleichheitsgrundsatz, unterliegt, müssten Anschlusskosten nach § 362b SGB V-E i.V.m. § 327 Abs. 8 Satz 3 SGB-V daher zwingend im Rahmen der Registergebühren an die Gebührenschuldner der Registerbehörde weitergegeben werden, also an die Personen, die eine Erklärung im ZVR registrieren lassen, § 78b Abs. 2 BNotO. Aufgrund des Nutzens auch einer Negativauskunft beim gesetzlichen Notvertretungsrecht unter Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten erscheint eine Finanzierung der TI-Anbindung über die allgemeine Finanzierung der TI-Infrastruktur jedoch angemessener.

Ab dem 1.1.2023 wird es die Möglichkeit geben, im ZVR einen Widerspruch gegen eine Vertretung durch den Ehegatten nach § 1358 BGB k.F. eintragen zu lassen, § 78a Abs. 1 Satz 1 BNotO k.F., § 1 Abs. 1 Nr. 7 VRegV k.F. Nimmt eine behandelnde Ärztin oder ein behandelnder Arzt künftig Einsicht in das ZVR und findet dort für die Betroffene oder den Betroffenen die Registrierung eines Widerspruchs gegen eine Vertretung durch die Ehegattin oder den Ehegatten nach § 1358 BGB k.F. bzw. registrierte Angaben zu einer Vorsorgevollmacht, die auch die in § 1358 Abs. 1 Nr. 1 – 4 BGB k.F. bezeichneten Angelegenheiten umfasst, dann bestehen die Berechtigungen nach § 1358 Abs. 1 und Abs. 2 BGB k.F. nicht, § 1358 Abs. 3 Nr. 2 BGB k.F. Denn in diesem Fall ist der Ärztin oder dem Arzt aufgrund der Einsichtnahme in das ZVR regelmäßig bekannt, dass die Betroffene oder der Betroffene eine Vertretung durch die Ehegattin oder den Ehegatten in den in § 1358 Abs. 1 Nr. 1 - 4 BGB k.F. bezeichneten Angelegenheiten ablehnt (§ 1358 Abs. 3 Nr. 2 lit. a) BGB k.F.) bzw. dass er oder sie jemanden zur Wahrnehmung der eigenen Angelegenheiten i.S.v. § 1358 Abs.1 Nr.1 – 4 BGB k.F. bevollmächtigt hat (§ 1358 Abs. 3 Nr. 2 lit. b)). Findet die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt künftig keine entsprechende Registrierung im ZVR, so darf sie oder er – sofern nicht anderweitig Kenntnis von der Ablehnung der Vertretung oder von einer Bevollmächtigung erlangt wird – umgekehrt davon ausgehen, dass die Berechtigungen nach § 1358 Abs. 1 und Abs. 2 BGB k.F. bestehen. In diesem Fall hat die zu vertretende Person gerade keine Erklärung im ZVR registrieren lassen. Dennoch kommt ihr die Möglichkeit der Einsicht in das ZVR zur Klärung des Vertretungsrechts zugute.

Durch das Ärzteeinsichtsrecht und den negativen Aussagegehalt des ZVR im Zusammenhang mit § 1358 BGB k.F. profitieren künftig alle potentiell in ärztlicher Behandlung befindlichen Bürgerinnen und Bürger und nicht nur diejenigen, die tatsächlich Angaben zu einer Vorsorgeverfügung bzw. einen Widerspruch gegen das Ehegattenvertretungsrecht im ZVR registriert haben. Eine Finanzierung der Anschlusskosten über die Registergebühren nach den Grundsätzen des § 78b Abs. 2–4 BNotO erscheint uns insoweit nicht angemessen.




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