Stellungnahme vom 24.11.2025

Referentenentwurf eines Gesetzes zur besseren Verhinderung missbräuchlicher Anerkennungen der Vaterschaft

Zusammenfassung:

Der vorliegende Referentenentwurf regelt die Vorschriften zur Prävention missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen neu. Anstelle der bisher zur Präventivkontrolle in § 1597a BGB vorgesehenen Aussetzung des Beurkundungsverfahrens wird mit den §§ 85a ff. AufenthG-E das Erfordernis einer Zustimmung durch die Ausländerbehörde eingeführt, dem materiell-rechtliche Sperrwirkung zukommen soll. Die Stellungnahme beschränkt sich auf die sich hieraus ergebenden Auswirkungen auf die notarielle Praxis.

Insofern halten wir die in dem Referentenentwurf vorgesehene Änderung, Beurkundungsverfahren und Missbrauchsverdachtsprüfung organisatorisch zu trennen, für praxisgerecht. Die vorgesehene Lösung beseitigt insbesondere das bislang durch § 1597a BGB bestehende Spannungsverhältnis zwischen notarieller Verschwiegenheitspflicht sowie der Urkundsgewährungspflicht einerseits und dem öffentlichen Interesse an einer Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennung andererseits (A.). Aus Sicht der notariellen Praxis regen wir lediglich an, die Ausnahmevorschriften in § 85a Abs. 2 Nr. 3 AufenthG-E und § 44b Abs. 2 Nr. 2 lit. b PStG-E anzupassen sowie die Bezifferung des § 44b PStG-E zu überprüfen (B.). Zudem regen wir an, die Übergangsvorschrift in § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E anzupassen und entweder auf die Regelung des § 44b Abs. 2 Nr. 2 lit. a PStG-E zu erstrecken oder eine entsprechende Übergangsvorschrift im PStG zu schaffen (C.). Zuletzt weisen wir darauf hin, dass der Verweis in § 1598 Abs. 3 Satz 2 Var. 1 BGB-E anzupassen ist (D.).

Im Einzelnen:

Gesamtbetrachtung

Der in dem Entwurf vorgestellte Regelungsvorschlag dürfte die praktischen Probleme, die für die notarielle Praxis aus dem gegenwärtig mit § 1597a BGB verfolgten Ansatz entstehen, beseitigen.

I. Praktische Probleme des derzeitigen Regelungsmodells

Nach § 1597a Abs. 2 BGB hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson bislang die Beurkundung auszusetzen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft bestehen. Anschließend hat die jeweilige beurkundende Stelle dies der nach § 85a AufenthG zuständigen Behörde nach Anhörung des Anerkennenden und der Mutter mitzuteilen. Solange die Beurkundung ausgesetzt ist, kann die Anerkennung nach § 1597a Abs. 3 BGB auch nicht wirksam von einer anderen beurkundenden Stelle beurkundet werden. Indem das bisherige Regelungsmodell eine präventive Kontrolle der Vaterschaftsanerkennung an eine Aussetzungspflicht der jeweiligen beurkundenden Stelle knüpft, entstehen praktische Schwierigkeiten, die sich auch auf die Effektivität dieser Präventivkontrolle auswirken können.

Notarinnen und Notare unterliegen als Urkundspersonen zum einen der in § 15 Abs. 1 BNotO geregelten Urkundsgewährungspflicht. Danach dürfen sie eine von ihnen verlangte Urkundstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Zum anderen unterliegen sie nach § 18 Abs. 1 BNotO, § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB einer strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht, die sich auf alles bezieht, was der Notarin oder dem Notar bei Ausübung des Amtes bekannt geworden ist. Ihnen ist daher berufsrechtlich grundsätzlich untersagt, ein Beurkundungsverfahren ohne gesetzliche Durchbrechungsregelung auszusetzen oder Mitteilungen über Umstände des Beurkundungsverfahrens an eine Behörde zu machen. Durch diese berufs- und beurkundungsrechtlichen Pflichten wird eine flächendeckende Versorgung der rechtsuchenden Bevölkerung mit Urkundstätigkeiten sichergestellt und das Vertrauensverhältnis zwischen Notarin bzw. Notar und den Beteiligten geschützt.

Die in § 1597a Abs. 2 BGB vorgesehenen Pflichten zur Aussetzung des Verfahrens sowie zur Mitteilung an die Ausländerbehörde stellen gesetzliche Durchbrechungen dieser grundlegenden Pflichten dar. Sie knüpfen an das Bestehen konkreter Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft an. Das Vorliegen solcher Anhaltspunkte kann aber von Notarinnen und Notaren wie auch von den übrigen beurkundenden Stellen nicht verlässlich überprüft werden. Stattdessen sind die beurkundenden Stellen regelmäßig auf die Angaben der Beteiligten angewiesen. Dies betrifft in der Praxis insbesondere das Bestehen einer vollziehbaren Ausreisepflicht (§ 1597a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB) und die Stellung eines Asylantrags (§ 1597a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Aufgrund der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht können Notarinnen und Notare auch keine eigenen Ermittlungen durch Anfragen bei den Ausländerbehörden anstellen. Liegen nach Maßgabe dessen keine konkreten Anhaltspunkte vor, müssen Notarinnen und Notare aufgrund der gesetzlichen Urkundsgewährungspflicht die Beurkundung durchführen.

Hinzu kommt, dass § 1597a Abs. 3 BGB für die materiell-rechtliche Sperrwirkung an die Aussetzung eines laufenden Beurkundungsverfahrens anknüpft. In der Folge eröffnet der bisherige Rechtsrahmen unlauteren Akteuren die Möglichkeit, die Präventivkontrolle mit vergleichsweise einfachen Mitteln zu umgehen. Erfolgt etwa eine erste Kontaktaufnahme über Strohmänner oder unter Vorgabe falscher persönlicher Angaben, und wird der Erstkontakt abgebrochen, bevor ein Beurkundungsverfahren eingeleitet wird, das ausgesetzt werden könnte, läuft die Präventivkontrolle regelmäßig ins Leere. Die Beteiligten sind nicht daran gehindert, bei einer anderen beurkundenden Stelle einen zweiten Versuch zu starten (sog. „Antragshopping“).

II. Vorteile des vorgeschlagenen Regelungsmodells

Die nun vorgesehene Lösung zur Verhinderung missbräuchlicher Vaterschaftsanerkennungen trennt das Beurkundungsverfahren von der Missbrauchsverdachtsprüfung. Die beurkundenden Stellen haben künftig die Aufgabe, die Beteiligten im Beurkundungsverfahren darüber zu belehren, dass zur Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung die Zustimmung der Ausländerbehörde erforderlich sein kann (§ 17 BeurkG bzw. § 44 Abs. 4 PStG-E). Das Standesamt prüft vor Eintragung des Vaters in den Geburtseintrag des Kindes, ob die Zustimmung der Ausländerbehörde tatsächlich erforderlich ist und verlangt in den erforderlichen Fällen deren Vorlage (§ 44b Abs. 1, Abs. 2 PStG-E i. V. m. § 85a Abs. 1, Abs. 2 AufenthG-E). Wurde diese noch nicht erteilt, nimmt die Ausländerbehörde auf Antrag der Beteiligten sodann die Prüfung vor, ob diese Zustimmung erteilt werden kann, d.h. ob ein Missbrauchsfall vorliegt (§ 85b ff. AufenthG-E).

Aus beurkundungsrechtlicher Sicht halten wir diese verfahrensrechtliche Trennung des Beurkundungsverfahrens von der Missbrauchsverdachtsprüfung grundsätzlich für sinnvoll. Sie beseitigt die Pflichtenkollision, in der sich Notarinnen und Notare im bisherigen Regelungsmodell wie dargestellt befindet. Die bislang bestehenden einfachen Umgehungsmöglichkeiten werden beseitigt.

Mit Blick auf die umfangreiche und strafbewehrte notarielle Verschwiegenheitspflicht begrüßen wir besonders die in der Entwurfsbegründung nunmehr enthaltene Klarstellung zur Übermittlungspflicht nach § 87 Abs. 7 AufenthG-E. Diese Regelung sieht grundsätzlich vor, dass öffentliche Stellen die zuständigen Ausländerbehörden zu unterrichten haben, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erlangen, die für die Missbrauchsprüfung erheblich sind. Wäre § 87 Abs. 7 AufenthG-E auf Notarinnen und Notare anwendbar, würde die Regelung eine Ausnahme von der notariellen Verschwiegenheitspflicht begründen. Um das Vertrauensverhältnis zu den Urkundsbeteiligten hinreichend zu schützen, müssen solche Ausnahmen jedoch hinreichend konkretisiert sein, sodass Notarinnen und Notare im Einzelfall anhand formaler Kriterien beurteilen können, ob sie eine Tatsache offenbaren dürfen oder nicht. Dem würde § 87 Abs. 7 AufenthG-E nicht gerecht. Ob und welche Tatsachen für die Entscheidung der Ausländerbehörde erheblich sind, dürfte für Notarinnen und Notare in der Regel nicht hinreichend klar prognostizierbar sein. Insofern begrüßen wir die in der Begründung zu § 87 Abs. 7 AufenthG-E erfolgte Klarstellung, dass eine Übermittlung auf Basis des § 87 Abs. 7 AufenthG-E nach § 88 Abs. 1 AufenthG-E zu unterbleiben hat, „wenn besondere, bereichsspezifische Übermittlungsregelungen (z.B. die Verschwiegenheitspflicht nach § 18 der Bundesnotarordnung (BNotO)) entgegenstehen“.[1]

Im Hinblick auf § 87 Abs. 7 AufenthG-E regen wir lediglich an, den dort enthaltenen Normverweis auf § 85a AufenthG-E zu prüfen. Danach haben öffentliche Stellen der zuständigen Ausländerbehörde insbesondere „Tatsachen, die für die Prüfung, ob eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft im Sinne von § 85a Abs. 3 Satz 2 vorliegt, erheblich sind, insbesondere von Tatsachen im Sinne von § 85a Absatz 4 und 5 Satz 2“ mitzuteilen. Gemeint sein dürften Tatsachen, die für die Prüfung, ob eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft im Sinne von § 85b Abs. 1 Satz 1 AufenthG-E vorliegt, erheblich sind, insbesondere von Tatsachen im Sinne von § 85b Absatz 2 AufenthG-E.

Weiter begrüßen wir, dass das neue Regelungsmodell vorsieht, dass das Zustimmungsverfahren durch die Beteiligten selbst und nicht durch die beurkundenden Stellen einzuleiten ist. Die Vaterschaft kraft Anerkennung setzt neben der Anerkennungserklärung des Vaters (§§ 1592 Nr. 2 BGB) auch die Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB) und in manchen Fällen auch die des Kindes (§ 1595 Abs. 2 BGB) voraus. Diese Erklärungen müssen nach § 1597 Abs. 1 BGB öffentlich beurkundet werden, jedoch nicht notwendig bei gleichzeitiger Anwesenheit und auch nicht in einer bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Reihenfolge. Wie die Entwurfsbegründung richtig feststellt, wäre somit unklar, welche der erforderlichen Erklärungen Anknüpfungspunkt für die Einleitung des Verfahrens durch die beurkundende Stelle sein soll.[2] Hinzu kommt, dass andernfalls die beurkundenden Stellen erneut einen Teil der Missbrauchsprüfung, namentlich das Vorliegen eines aufenthaltsrechtlichen Gefälles, vornehmen müssten, da nur in diesen Fällen ein Zustimmungsverfahren einzuleiten wäre. Dies würde dem erklärten Ziel des Referentenentwurfs, die Beurkundungsstellen, insbesondere Notarinnen und Notare, von fachfremden Prüfpflichten zu entlasten,[3] zuwiderlaufen. Das Vorliegen eines aufenthaltsrechtlichen Gefälles könnte die beurkundende Stelle nach § 85 Abs. 1 AufenthG-E beispielsweise dann nicht rechtssicher feststellen, wenn lediglich derjenige Elternteil bei ihr vorstellig wird, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt bzw. dessen Aufenthaltsrecht in Deutschland in vergleichbarer Weise gefestigt ist.

Ferner befürworten wir, dass der alternative Ansatz einer Übertragung der derzeit von der Ausländerbehörde durchzuführenden Prüfung mitsamt der hierzu erforderlichen Ermittlungsbefugnisse auf die beurkundenden Stellen[4] nicht weiterverfolgt wurde. Die Durchführung der Prüfung wäre für die beurkundenden Stellen, insbesondere für die Notarinnen und Notare, gänzlich fachfremd. Notarinnen und Notare betreuen die Beteiligten unabhängig und unparteiisch, § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO. Die Ausübung polizeiähnlicher Ermittlungsbefugnisse zur Durchführung der Missbrauchsprüfung– in Rede stehen etwa intensive Befragungen und Wohnungsbesichtigungen[5] – liefe der notariellen Neutralität entgegen. Das Vertrauensverhältnis zwischen der rechtsuchenden Bevölkerung und dem notariellen Berufsstand würde empfindlich leiden, wenn Notarinnen und Notare in bestimmten Fällen der Vaterschaftsanerkennung verpflichtet wären, „gegen“ die jeweils Beteiligten zu ermitteln.

Auch der Vorschlag einer Konzentration der Zuständigkeit für die Beurkundung der anerkennungsrelevanten Erklärungen bei den Wohnsitzstandesämtern[6] wurde zu Recht verworfen. Für die Standesämter würde dies eine erhebliche Mehrbelastung bedeuten. Für die rechtsuchende Bevölkerung wäre er mit einem Verlust an Bürgernähe verbunden, da Notarinnen und Notare flächendeckend im gesamten Bundesgebiet vertreten sind. Zudem sind Notarinnen und Notare eine wichtige Anlaufstelle in allen familienrechtlichen Angelegenheiten. In der Praxis haben die Beteiligten einer Vaterschaftsanerkennung vielfach weitergehende familien- und erbrechtliche Fragen, die eine umfassende notarielle Beratung erfordern. Insofern ist es sachgerecht, dass die Beteiligten sich zur Beurkundung der für die Vaterschaftsanerkennung erforderlichen Erklärungen auch an Notarinnen und Notare wenden können.

B. Zu Art. 1 Nr. 5 (§ 85a Abs. 2 Nr. 3 AufenthG-E) und Art.  4 Nr.  2 RefE (§ 44b PStG-E)

I. Anpassung von § 85a Abs. 2 Nr. 3 AufenthG-E und § 44b Abs. 2 Nr. 2 lit. b PStG-E

Um Rechtsunsicherheiten und Unbilligkeiten zu vermeiden, regen wir eine Anpassung von § 85a Abs. 2 Nr. 3 AufenthG-E und § 44b Abs. 2 Nr. 2 lit. b PStG-E an.

§ 85a Abs. 2 Nr. 3 AufenthG-E sieht auf materieller Ebene eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis nach § 85a Abs. 1 AufenthG-E vor, wenn der Anerkennende und die Mutter einander nach der Geburt geheiratet haben und die Ehe bereits zum Zeitpunkt der öffentlichen Beurkundung der Anerkennungserklärung in ein deutsches Eheregisterregister eingetragen ist.

§ 44b Abs. 2 Nr. 2 lit. b AufenthG-E regelt daran anknüpfend auf verfahrensrechtlicher Ebene, dass das Standesamt die Eintragung der Angaben des Vaters in den Geburtseintrag des Kindes ohne Vorlage der Zustimmungserklärung vornimmt, wenn im Zeitpunkt der öffentlichen Beurkundung der Anerkennungserklärung in einem deutschen Eheregister die Ehe zwischen dem Anerkennenden und der Mutter eingetragen ist. In der Begründung wird hierzu ausgeführt, dass das Standesamt die Eheschließung dem deutschen Eheregister bzw. einer von den Beteiligten vorgelegten Eheurkunde entnehmen und den Zeitpunkt der öffentlichen Beurkundung der Anerkennungserklärung dokumentenbasiert ausgehend von der Anerkennungserklärung bestimmen könne.[7]

Rechtsunsicherheit bestünde auf dieser Basis aber in Fällen, in denen die Eintragung der Ehe in ein deutsches Eheregister an demselben Tag erfolgt ist, an dem auch die Anerkennungserklärung durch eine andere Stelle als das für die Eintragung der Angaben des Vaters in den Geburtseintrag des Kindes zuständige Standesamt beurkundet wurde. Zu welcher Uhrzeit die Niederschrift über die Anerkennungserklärung erstellt wurde, kann das zuständige Standesamt im Nachhinein nicht mehr rechtssicher feststellen. Somit wäre in diesen Fällen unklar, was zeitlich zuerst erfolgte: die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung oder die Eintragung der Ehe in das Eheregister. Wäre die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung dem Eintrag in das Eheregister zuvorgekommen, würde die Anerkennung der Zustimmung der Ausländerbehörde bedürfen. Wäre umgekehrt der Eheregistereintrag der Vaterschaftsanerkennung zuvorgekommen, bedürfte es keiner Zustimmung der Ausländerbehörde. In Fällen, in denen ein Eintrag im Eheregister an demselben Tag erfolgt ist, an dem auch die Vaterschafsanerkennung beurkundet wurde, wäre mithin unklar, ob die Anerkennung der Zustimmung der Ausländerbehörde bedarf oder nicht.

Darüber hinaus erscheint es unbillig, dass die Ausnahmeregelung auf den Zeitpunkt der Eintragung der Ehe in das Eheregister nach § 15 PStG und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Erstellung der Niederschrift über die Eheschließung nach § 14 Abs. 2 PStG abstellt. Zwar soll die Eintragung im Eheregister nach § 15 Abs. 1 PStG „im Anschluss an die Eheschließung“ erfolgen. Hierfür kann aber auch eine Eintragung an dem auf die Eheschließung folgenden Werktag genügen.[8] Erfolgt die Vaterschaftsanerkennung im Anschluss an die Eheschließung vor demselben Standesbeamten, wäre die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung mithin davon abhängig, ob dieser die Eintragung der Eheschließung in das Eheregister noch vor der Beurkundung der Anerkennungserklärung vornimmt oder erst zu einem späteren Zeitpunkt - mithin von organisatorischen Abläufen, auf die die Beteiligten keinen Einfluss haben. Das erscheint nicht sachgerecht. Hinzu kommt, dass die Ehe gemäß § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits mit der Erklärung vor dem Standesbeamten wirksam geschlossen ist. Für die der Vermutungsregelung zugrundeliegende Annahme, die Eheschließung vermittle ein sozial-familiäres Verhältnis, das einer missbräuchlichen Vaterschaftsanerkennung entgegensteht, kann es allein auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Ehe ankommen, nicht aber auf die davon losgelöste und von Behördenabläufen abhängige Eintragung in das Eheregister.

Damit das Standesamt rechtssicher prüfen kann, wann die Eheschließung erfolgt ist, wird man voraussetzen dürfen, dass die Ehe spätestens in dem Zeitpunkt in einem deutschen Eheregister registriert ist, in dem die Eintragung der Angaben des Vaters in den Geburtseintrag des Kindes erfolgen soll. Existiert ein solcher Eintrag in diesem Zeitpunkt, sollte es allerdings ausreichen, dass die Eheschließung vor der Vaterschaftsanerkennung bzw. am selben Tag wie die Vaterschaftsanerkennung erfolgt ist. Da der Zeitpunkt der Eheschließung der Niederschrift über die Eheschließung entnommen werden kann, kann auch diese Information dokumentenbasiert und ohne erheblichen Aufwand durch das zuständige Standesamt ermittelt werden. Der Wortlaut des § 85a Abs. 2 Nr. 3 AufenthG-E und des § 44b Abs. 2 Nr. 2 lit. b PStG-E sollte entsprechend angepasst werden.

II. Überprüfung der Bezifferung von § 44b PStG

Art. 4 Nr. 2 des Referentenentwurfs sieht vor, dass nach § 44a PStG ein neuer § 44b PStG-E eingefügt werden soll, der das von den Standesbeamten in Fällen eines Aufenthaltsrechtsgefälles zu beachtende Verfahren regelt. Allerdings ist § 44a PStG derzeit nicht belegt. Insofern regen wir an, die Bezifferung des § 44b PStG-E zu überprüfen.

C. Zu Art.  1 Nr.  8 RefE (§ 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E)

Zudem regen wir an, die Übergangsvorschrift in § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E anzupassen und auf die Regelung des § 44b Abs 2 Nr. 2 lit. a PStG-E zu erstrecken bzw. eine entsprechende Übergangsvorschrift im PStG zu schaffen.

§ 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E enthält eine Übergangsvorschrift für die in § 85a Abs. 2 Nr. 2 lit. b AufenthG-E enthaltene Regelung, nach der es keiner Zustimmung der Ausländerbehörde nach § 85a Abs. 1 AufenthG-E bedarf, wenn der Anerkennende der in ein deutsches Geburtenregister eingetragene rechtliche Vater eines anderen Kindes der Mutter ist. Diese Ausnahmeregelung soll nach § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E nicht gelten, wenn die Vaterschaft für das andere Kind durch Anerkennung entstanden und die Anerkennungserklärung vor Inkrafttreten der Neuregelung öffentlich beurkundet worden ist.

I. Anpassung von § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E

Ziel dieser Übergangsvorschrift ist es, zu gewährleisten, dass eine nach altem Recht möglicherweise erfolgte missbräuchliche Anerkennung für ein anderes Kind der Mutter keine Privilegierung bei der Anerkennung eines weiteren Kindes nach sich zieht.[9] Die derzeitige Fassung des § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E dürfte vor diesem Hintergrund überschießend sein. Vorgesehen ist, dass es einer Zustimmung der Ausländerbehörde mangels Geltung der Ausnahmevorschrift des § 85a Abs. 2 Nr. 2 lit. b AufenthG-E bedarf, sofern „die Anerkennungserklärung“ für das andere Kind vor dem Inkrafttreten der Neuregelung öffentlich beurkundet wurde. Abgestellt wird also allein auf den Zeitpunkt der Erklärung des Anerkennenden. Wann die Zustimmung der Mutter und eine etwaig erforderliche Zustimmung des anderen Kindes öffentlich beurkundet wurde, ist nach dem Wortlaut der Norm irrelevant. Wird eine dieser Erklärungen aber erst nach Inkrafttreten der Neuregelung öffentlich beurkundet und liegt im Zeitpunkt der letzten erforderlichen Erklärung ein aufenthaltsrechtliches Gefälle vor, wäre auch zur Anerkennung der Vaterschaft für das andere Kind eine Zustimmung der Ausländerbehörde nach den neu geschaffenen Vorschriften erforderlich. Auch die Anerkennung der Vaterschaft für das andere Kind wäre dann also nach dem neuen Recht zu behandeln. Es kann sich daher gerade nicht um eine nach altem Recht möglicherweise erfolgte missbräuchliche Anerkennung für ein anderes Kind der Mutter handeln. Dies folgt auch daraus, dass § 105e Abs. 1 AufenthG-E die derzeit geltenden Regelungen lediglich für solche Vaterschaftsanerkennung für weiterhin anwendbar erklärt, deren Prüfung über das Vorliegen einer missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft noch vor Inkrafttreten der Neuregelungen begonnen, aber nicht abgeschlossen wurde. Alle anderen Fälle unterfallen nach der Übergangsvorschrift bereits der Neuregelungen. Insofern sollte § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E dahingehend angepasst werden, dass § 85a Abs. 2 Nr. 2 lit. b AufenthG-E dann nicht gilt, wenn die rechtliche Vaterschaft für das andere Kind durch Anerkennung der Vaterschaft entstanden ist und sämtliche für die Anerkennung erforderlichen Erklärungen vor dem Inkrafttreten der Neuregelung öffentlich beurkundet wurden.

II. Erforderlichkeit einer entsprechenden Übergangsvorschrift für § 44b Abs 2 Nr. 2 lit. a PStG-E

Nachdem erklärtes Ziel des § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E ist, zu gewährleisten, dass eine nach altem Recht möglicherweise erfolgte missbräuchliche Anerkennung für ein anderes Kind der Mutter keine Privilegierung bei der Anerkennung eines weiteren Kindes nach sich zieht,[10] sollte die Übergangsvorschrift in § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E auf die Regelung des § 44b Abs 2 Nr. 2 lit. a PStG-E erstreckt bzw. eine entsprechende Übergangsvorschrift im PStG geschaffen werden. Die in § 85a Abs. 2 Nr. 2 lit. b AufenthG-E enthaltene materiell-rechtliche Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis nach § 85a Abs. 1 AufenthG-E wird für das Standesamt, das das Zustimmungserfordernis nach dem neuen Regelungsmodell zu prüfen hat, auf verfahrensrechtlicher Ebene in § 44b Abs. 2 Nr. 2 lit. a PStG-E abgebildet. Will man verhindern, dass diese Ausnahme im Fall einer nach altem Recht möglicherweise erfolgten missbräuchlichen Anerkennung für ein anderes Kind der Mutter zur Anwendung gelangt, bedarf es auch einer Übergangsvorschrift für die für das Standesamt maßgebliche verfahrensrechtliche Vorschrift. Insofern regen wir an, die Übergangsvorschrift in § 105e Abs. 2 Satz 1 AufenthG-E auf die Regelung des § 44b Abs 2 Nr. 2 lit. a PStG-E zu erstrecken bzw. eine entsprechende Regelung im PStG zu schaffen.

D. Zu Art. 2 Nr. 2 RefE (§ 1598 Abs. 3 Satz 2 Var. 1 AufenthG-E)

Zuletzt regen wir an, den Verweis in § 1598 Abs. 3 Satz 2 Var. 1 BGB-E anzupassen.

§ 1598 Abs. 3 Satz 1 BGB-E sieht vor, dass der Anerkennende während des Zeitraums, in dem das Zustimmungsverfahren bei der Ausländerbehörde noch nicht beendet ist, zur Vertretung des Kindes in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten berechtigt ist, wenn er und die Mutter wirksame Sorgeerklärungen nach § 1629a Abs. 1 BGB abgegeben haben und die Mutter die elterliche Sorge nicht mehr ausüben kann. Nach § 1598 Abs. 3 Satz 2 Var. 1 BGB-E endet dieses Vertretungsrecht „im Zeitpunkt der bestandskräftigen Entscheidung der Ausländerbehörde nach § 85c Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes“. Die Entscheidung der Ausländerbehörde ist allerdings in § 85c Abs. 1 AufenthG-E geregelt, wohingegen § 85c Abs. 3 AufenthG-E die in Ermangelung einer Entscheidung der Ausländerbehörde eintretende Fiktionswirkung regelt (welche das Vertretungsrecht nach § 1598 Abs. 3 Satz 2 Var. 2 BGB-E ebenfalls beendet). Insofern sollte der Verweis in § 1598 Abs. 3 Satz 2 Var. 1 BGB-E angepasst werden.

 

[1] S. 68 des Referentenentwurfs.

[2] Vgl. S. 25 des Referentenentwurfs.

[3] Vgl. S. 18 des Referentenentwurfs.

[4] Vgl. S. 24 des Referentenentwurfs.

[5] Vgl. S. 24 des Referentenentwurfs.

[6] Vgl. S. 25 des Referentenentwurfs.

[7] Vgl. S. 78 des Referentenentwurfs.

[8] Vgl. Gaaz/Bornhofen/Lammers, Personenstandsgesetz, § 15 Rn. 3.

[9] Vgl. S. 68 f. des Referentenentwurfs.

[10] Vgl. S. 68 f. des Referentenentwurfs.




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