Stellungnahme vom 09.10.2025

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung flaggen-, schiffsregister- und seefischereirechtlicher Vorschriften

Zusammenfassung:

Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung flaggen-, schiffsregister- und seefischereirechtlicher Vorschriften sieht verschiedene Änderungen des Flaggenrechts, des Schiffsregisterrechts und des Seefischereirechts vor. Die Stellungnahme der Bundesnotarkammer beschränkt sich im Wesentlichen auf die Regelungen mit Relevanz für die notarielle Praxis.

Die Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage, welche es den Ländern ermöglicht, künftig per Rechtsverordnung die Einsichtnahme in die bei den Amtsgerichten geführten Schiffsregister über ein elektronisches Abrufverfahren für jedermann zuzulassen, wird ausdrücklich begrüßt (A). Bedenken begegnet hingegen die vorgesehene Streichung von Beglaubigungserfordernissen in der Flaggenrechtsverordnung (B).

Im Einzelnen:

A. Schaffung einer Ermächtigungsgrundlage zur Zulassung der elektronischen Einsichtnahme in das Schiffsregister

Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 SchRegO-E werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Einsichtnahme in das Schiffsregister zu Informationszwecken durch einzelne Abrufe im Wege eines elektronischen Abrufverfahrens zuzulassen. Dadurch soll Interessierten künftig auf direktem elektronischem Weg die Einsichtnahme in die Registerblätter des Schiffsregisters möglich sein, wenn das betreffende Land von der Ermächtigung Gebrauch gemacht hat.[1] Anders als aus dem Handelsregister bekannt, soll dabei nur das Registerblatt elektronisch einsehbar sein. Die Bezugsurkunden oder die Registerakten können weiterhin nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses eingesehen werden.[2] § 8 Abs. 1 Satz 7 f. SchRegO-E ermöglicht die Einrichtung eines länderübergreifenden elektronischen Abrufsystems.

Die Digitalisierung der Einsichtnahme in das Schiffsregister wird ausdrücklich begrüßt. Der Referentenentwurf knüpft damit an die positiven Erfahrungen aus der elektronischen Abrufbarkeit des Handelsregisters an. Durch die Einrichtung eines digitalen Zugangs wird die Einsichtnahme in das Schiffsregister erleichtert und die Transparenz im Seeschiffsverkehr gestärkt. Zudem können so Ressourcen geschont werden, da die elektronische Einsichtnahme ohne Zwischenschaltung einer Gerichtsperson möglich ist.[3] Die Einführung einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage stellt damit einen wichtigen Schritt in Richtung einer modernen und praxistauglichen Registerführung dar. Zu begrüßen ist auch, dass die elektronische Einsichtnahme auf das Registerblatt beschränkt sein soll. Damit wird einem übermäßigen Zugriff auf personenbezogene Daten, die nicht in den Registerblättern enthalten sind, entgegengewirkt.[4] Dies erscheint besonders vor dem Hintergrund der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit einer registerführenden Stelle nach dem Urteils des EuGH vom 4. Oktober 2024 (Az.: C 200/23) sinnvoll. Schließlich befürworten wir, dass die Länder die Möglichkeit haben, ein gemeinsames System für den Abruf der Schiffsregisterdaten einzurichten und die damit verbundenen Abwicklungsaufgaben zu zentralisieren. Ein länderübergreifendes elektronisches Abrufsystem dürfte den mit der Einsichtsgewährung in das Schiffsregister verbundenen Verwaltungsaufwand zusätzlich reduzieren und die Einsichtnahme in das Schiffsregister für den Rechtsverkehr deutlich nutzerfreundlicher gestalten.

B. Streichung der Beglaubigungserfordernisse

Bedenken bestehen hingegen gegen die vorgesehene Streichung des Erfordernisses der öffentlichen Beglaubigung der Zustimmungserklärung des Eigentümers nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 FlRV-E. In der Begründung des Referentenentwurfs heißt es dazu, die Streichung des Beglaubigungserfordernisses diene der Entbürokratisierung.[5]

Durch die Streichung des Beglaubigungserfordernisses entstünde das Risiko erheblicher Rechtsunsicherheiten mit weitreichenden Folgen sowohl für den betroffenen Schiffseigentümer, als auch für den Ausrüster und die zuständige Flaggenbehörde. Statt der angestrebten Entbürokratisierung droht bürokratischer Mehraufwand für Letztere.

Wird ein Seeschiff, das im Eigentum eines ausländischen Bürgers steht, einem deutschen Ausrüster zur Bereederung im eigenen Namen für mindestens ein Jahr überlassen, kann letzterem von dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur grundsätzlich die Befugnis zur Führung der Bundesflagge verliehen werden. Voraussetzung ist gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 FlRV unter anderem, dass der Eigentümer dem Flaggenwechsel in öffentlich beglaubigter Form zustimmt. Die Flaggenführung hat weitreichende Folgen, denn Schiffe besitzen grundsätzlich die Staatszugehörigkeit des Staates, dessen Flagge zu führen sie berechtigt sind und unterstehen auf Hoher See der ausschließlichen Hoheitsgewalt dieses Staates. Damit bestimmt die Flaggenführung das anwendbare Recht. Ein Flaggenwechsel kann unmittelbare rechtliche Konsequenzen für den Eigentümer nach sich ziehen. So kann etwa die Pflicht zur Einhaltung technischer Sicherheits- und Umweltvorschriften nach dem Schiffssicherheitsgesetz (SchSG) und der Schiffssicherheitsverordnung (SchSV) entstehen, ebenso wie arbeits- und sozialrechtliche Pflichten gegenüber der Besatzung nach dem Seearbeitsgesetz (SeeArbG). Das Erfordernis seiner Zustimmung sichert daher ab, dass ein Flaggenwechsel nicht ohne Mitwirkung des Eigentümers möglich ist.

Durch das Formerfordernis der öffentlichen Beglaubigung der Erklärung wird die Identität des die Zustimmung Erklärenden rechtssicher festgestellt und beweiskräftig in einer öffentlichen Urkunde niedergelegt.[6] So werden zum einen alle Beteiligten, d.h. sowohl der Eigentümer, als auch der Ausrüster sowie die zuständige Flaggenbehörde vor Erklärungen Unbefugter geschützt. Zum anderen können so nachträgliche Rechtsstreitigkeiten über die Identität des Zustimmenden effektiv vermieden werden. Gerade weil die Zustimmung des Eigentümers erhebliche rechtliche Wirkungen entfaltet, ist ein verlässlicher Nachweis ihres Vorliegens unverzichtbar. Der mit einer Beglaubigung verbundene Aufwand ist in der Praxis gering; öffentliche Beglaubigungen sind kostengünstig und niedrigschwellig möglich. Mit einem überschaubaren Aufwand kann damit ein hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleistet werden, das im internationalen Kontext der Flaggenführung von besonderer Bedeutung ist. Das Ausreichenlassen einer nicht beglaubigten Erklärung würde demgegenüber Rechtsunsicherheit schaffen und die Verwaltung bei Zweifeln zu aufwendigen Nachprüfungen zwingen, etwa durch eigene Ermittlungen zur Identität des Unterzeichners. Anstatt Bürokratie abzubauen, droht also ein bürokratischer Mehraufwand für die Flaggenbehörde. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beibehaltung des Beglaubigungserfordernisses für die Zustimmungserklärung des Eigentümers sachgerecht und erforderlich.

Gleichermaßen kritisch zu bewerten ist die in § 10 FlRV-E vorgesehene Änderung, wonach die Flaggenbehörde der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation künftig nur noch eine einfache Abschrift oder Ablichtung des Flaggenscheins anstelle einer beglaubigten Abschrift zu übersenden hat. Auch insoweit wird die vorgesehene Änderung mit vermeintlicher Entbürokratisierung begründet, wobei auch hiergegen erhebliche Bedenken bestehen. Eine beglaubigte Abschrift gewährleistet die Übereinstimmung der Abschrift mit dem Original und stellt damit sicher, dass die Berufsgenossenschaft eine inhaltlich und formell verlässliche Grundlage für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erhält. Eine einfache Abschrift oder Ablichtung bietet diese Gewähr nicht. Ließe man das Übermitteln einer einfachen Abschrift oder Ablichtung genügen, erhöht sich das Risiko, dass Unbefugte sich als Flaggenbehörde ausgeben und der Berufsgenossenschaft gefälschte Unterlagen übermitteln, was die Berufsgenossenschaft im Zweifel zu eigenen Überprüfungen zwingt. Der geringe Aufwand für die Ausstellung beglaubigter Abschriften ist deshalb gerechtfertigt und trägt entscheidend zur Rechtssicherheit bei. Auch in diesem Punkt sollte das Beglaubigungserfordernis daher beibehalten werden.

 

[1] Vgl. S. 59 des Referentenentwurfs.

[2] Vgl. S. 60 des Referentenentwurfs.

[3] Vgl. S. 33 des Referentenentwurfs.

[4] Vgl. S. 60 des Referentenentwurfs.

[5] Vgl S. 67 des Referentenentwurfs.

[6] Scheller in BeckOGK BGB, Stand: 15.09.2024 § 129 Rn. 1.




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