Rundschreiben Nr. 36/2007 vom 13.12.2007

Verkauf von Immobilienkrediten

In jüngster Zeit erreichten uns vermehrt Anfragen, welche Auswirkungen aus unserer Sicht von den aktuellen Diskussionen über den Verkauf von Immobilienkrediten auf die notarielle Praxis zu erwarten sind. Im Mittelpunkt steht dabei insbesondere der Umgang mit künftigen Grundpfandrechtsbestellungen.

Ausgangspunkt der Erörterungen bilden die offenbar gewordenen Schwierigkeiten, denen Darlehensnehmer ausgesetzt sind, wenn sie sich unerwartet neuen Gläubigern gegenübersehen. Zu nennen ist insbesondere die Veräußerung eines Kreditportfolios durch (in der Regel inländische) Kreditinstitute an sog. Finanzinvestoren, die vielfach im Ausland sitzen. Die neuen Gläubiger sind in derartigen Konstellationen oftmals weniger an der Fortsetzung einer ungestörten Geschäftsbeziehung mit dem Darlehensnehmer interessiert, sondern wollen die erworbenen Darlehensforderungen stattdessen zeitnah verwerten. Zwischenzeitlich wurde deshalb vermehrt die Gefahr erörtert, dass hierzu unmittelbar auf eine dingliche Sicherheit zurückgegriffen werden könne ohne Rücksicht auf etwaige Sicherungsvereinbarungen zwischen Altgläubiger und Darlehensnehmer (dazu etwa die ARD-Sendung „plusminus“ vom 20.11.2007). Von verschiedener Seite ist deshalb die Frage aufgeworfen worden, ob dem Darlehensnehmer die Bestellung nichtakzessorischer Sicherheiten im Lichte der geschilderten Entwicklung noch zugemutet werden kann (etwa Grziwotz NJW 49/2007, III) und wie Notarinnen und Notare auf entsprechende Beurkundungsanträge reagieren sollten. Aus unserer Sicht stellt sich die Sach- und Rechtslage gegenwärtig wie folgt dar:

1. Unterschieden werden muss in einem ersten Schritt, was tatsächlich Gegenstand des „Kreditverkaufs“ ist: Denkbar sind die isolierte Abtretung der Darlehensforderung, die isolierte Abtretung der Grundschuld, die „gebündelte“ Abtretung von Darlehensforderung und Grundschuld und schließlich die Übertragung des gesamten Darlehensvertrages (mit oder ohne Grundschuld). Die Regel dürfte hier die „gebündelte“ Abtretung von Darlehensforderung und Grundschuld bilden. Demgegenüber dürfte eine isolierte Abtretung der Darlehensforderung zwar den Interessen der verkaufenden Bank entsprechen, wird aber faktisch regelmäßig an den Interessen des Erwerbers scheitern (soweit man nicht schon aus dem Rechtsgedanken des § 401 BGB eine Pflicht zur Abtretung auch der Grundschuld ableiten möchte; dazu Gaberdiel, Kreditsicherung durch Grundschulden, 7. Aufl. 2004 , Rn. 970 m.w.N.). Umgekehrt dürfte eine isolierte Abtretung der Grundschuld schon aufgrund der entgegenstehenden Interessen des Verkäufers ausscheiden, dem primär an einer Rückführung seiner Darlehensforderung gelegen ist; erfolgte eine isolierte Abtretung der Grundschuld zudem ohne Hinweis auf einschränkende Bindungen aus dem Sicherungsvertrag, bestünde die Gefahr von Ersatzansprüchen des Sicherungsgebers (näher dazu Gaberdiel, a.a.O, Rn. 972 ff.). Eine Übertragung des gesamten Darlehensvertrages (mit oder ohne Grundschuld) dürfte schließlich an der fehlenden Mitwirkung des Darlehensnehmers scheitern, der andernfalls seinen (selbstgewählten) Vertragspartner verlieren würde (§§ 414, 415 BGB).

2. Bei der „gebündelten“ Abtretung schließt sich sodann die Frage an, wie es sich mit dem Forderung und Grundschuld verknüpfenden Sicherungsvertrag verhält.

a) Ausgangspunkt bildet hier die nicht-akzessorische Natur der Grundschuld. Schuldrechtliche Absprachen zwischen Zedent und Schuldner können der Grundschuld im Interesse der Verkehrsfähigkeit nach einer Abtretung nur nach Maßgabe der §§ 1157, 892 BGB entgegen gehalten werden. Fälle, in denen Einreden des Darlehensnehmers aus dem Sicherungsvertrag über einen gutgläubigen einredefreien Erwerb der Grundschuld durch den Zessionar untergegangen sind, sind uns jedoch bislang nicht bekannt geworden. Vielmehr dürfte die der Verknüpfung von Darlehensforderung und Grundschuld dienende Sicherungsabrede regelmäßig mit übertragen werden, so dass die für das abtretende Kreditinstitut geltenden Beschränkungen hinsichtlich der Verwertung der Grundschuld auch für den Erwerber gelten (so auch die Auskunft der Hypo Real Estate AG in der vorgenannten ARD-Sendung).

b) Einer Mitwirkung des Darlehensnehmers an dem Übergang von Einreden aus dem Sicherungsvertrag bedarf es aus unserer Sicht demgegenüber nicht (a.A. wohl Clemente in der vorgenannten ARD-Sendung). In Rede steht hier nicht die beabsichtigte Übertragung eines gesamten Vertragsverhältnisses, infolge dessen der ursprüngliche Vertragspartner aus seinen vertraglichen Pflichten entlassen würde; Vertragspartner des Darlehensnehmers bleibt weiter die veräußernde Bank. Betroffen ist vielmehr allein die Inanspruchnahme abgetretener Forderungen und Rechten durch den Erwerber. Hier ordnet bereits das Gesetz im Interesse des Schuldners in § 404 BGB mit Blick auf die Darlehensforderung und §§ 1157, 892 BGB in Bezug auf das Sicherungsrecht nur einen einredebehafteten Übergang auf den Zessionar ein. Einer (weiteren) Zustimmung des Darlehensnehmers bedarf es deshalb nicht mehr; sie könnte zudem nur sein Bedürfnis bekräftigen, sich auf die Beschränkungen aus der Sicherungsabrede zu berufen.

3. Eine hiervon losgelöste Frage bilden die faktischen Schwierigkeiten, die sich für Darlehensnehmer entwickeln können, wenn Neugläubiger die für sie fortgeltenden Einschränkungen aus der Sicherungsabrede aus Unkenntnis oder bewusst in rechtswidriger Weise missachten. In solchen Fällen können sich Darlehensnehmer trotz ordnungsgemäßer Zahlung Zwangsvollstreckungsmaßnehmen ausgesetzt sehen, die sie u.U. gerichtlich (mit der Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage) abwehren müssen. Dabei dürfte in der Praxis vielfach weniger eine Verwertung der Grundschuld und damit der belasteten Immobilie als eine Inanspruchnahme aus einem mit abgetreten abstrakten Schuldanerkenntnis drohen, weil z. B. die Pfändung von Bankkonten in aller Regel erheblich schneller erfolgt als die Einleitung einer Zwangsversteigerung.

4. Keine Rechtsgrundlage können wir hingegen dafür erkennen, dass der Notar schon bei der seinerzeitigen Beurkundung von Grundpfandrecht und Zwangsvollstreckungsunterwerfung ein solches möglicherweise rechtswidrige Verhalten künftiger Erwerber vorhersehen und in seine Belehrungshinweise hätte aufnehmen müssen.

a) Der Umfang der Belehrungspflicht des Notars beurteilt sich zunächst nach § 17 BeurkG und knüpft an die rechtliche Tragweite des beurkundeten Rechtsgeschäftes an. Nicht übersehen werden darf hierbei, dass der Gesetzgeber dem Rechtsverkehr mit der nicht-akzessorischen Grundschuld ein unmittelbar dingliches Verwertungsrecht anbietet, dessen Verkehrsfähigkeit nur bedingt der Vereinbarung zugänglich ist (§§ 1192, 1154 ff. BGB); ausgeschlossen ist hiernach nicht zuletzt, die Grundschuld dinglich mit dem Bestand der Forderung zu verknüpfen. Hingegen lässt das Gesetz ausdrücklich Vereinbarungen zur Fälligkeit der Grundschuld zu (§ 1193 Abs. 2 BGB) und eröffnet mit §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 800 ZPO die Möglichkeit zur Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Auch der BGH erkennt in ständiger Rechtsprechung das schutzwürdige Interesse der Kreditwirtschaft an, Darlehen durch eine (sofort fällige und vollstreckbare) Grundschuld sowie ein abstraktes Schuldanerkenntnis samt Zwangsvollstreckungsunterwerfung gegen eine Vermögensverschlechterung des Darlehensnehmers abzusichern (vgl. nur BGH NJW 1987, 904); dabei betont er, dass das Gesetz hinreichende Schutzmaßnahmen für den Schuldner vorhalte, um gegen eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme vorzugehen (BGH a.a.O, S. 906 m.w.N). Dass sich das deutsche Kreditinstitut der Verkehrsfähigkeit von Forderung und Grundschuld bedient und sodann ein ausländisches Kreditinstitut oder ein privater Investor als Erwerber gegen die schuldrechtlichen Absprachen zwischen Darlehensgeber und -nehmer verstößt, ist ein Risiko, das bereits in der gesetzlichen Gestaltung angelegt ist, das aber über Jahre in der Praxis der Kreditwirtschaft keine (ersichtlichen) Schwierigkeiten bereitet hat. Deshalb musste sich aus unserer Sicht auch der Notar auf die Einhaltung der schuldrechtlichen Vereinbarungen verlassen dürfen.

b) Ebenso bietet die aus § 14 BNotO abgeleitete erweiterte Schutzpflicht für uns keine Rechtsgrundlage, die den Notar zu einem besonderen Hinweis über diese negativen Entwicklungen hätte verpflichten können. Aus der ex ante-Perspektive im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung muss die Gefahr, rechtswidriges Verhalten (zumal von dritter Seite) abwehren zu müssen, vielmehr dem allgemeinem Lebensrisiko zugeordnet werden.

5. Gleichwohl geben uns die tatsächlichen Entwicklungen Anlass, über Maßnahmen nachzudenken, ob und wie künftig derartige Schwierigkeiten von vorne herein gering gehalten werden könnten. Ob dabei ein Ausweichen auf die Hypothek als Sicherungsmittel eine geeignete Lösung bildet (so Grziwotz, a.a.O.), erscheint zumindest zweifelhaft. Erschwert würde hierdurch nicht nur für die Kreditwirtschaft die Refinanzierung und damit mittelbar die Kreditaufnahme durch die Bürger (Verschlechterung der Kreditbedingungen vor allem durch höhere Zinsbelastung). Ausblenden würde dies zudem das Interesse der Sicherungsgeber an einer möglichen Neuvalutierung. Auch würde wohl nur die Sicherungshypothek einen echten Mehrwert mit Blick auf Einreden bringen (§§ 1184, 1185 Abs. 2, 1138 BGB). Überlegenswert schiene hingegen, eine Abtretung der Grundschuld künftig nur mehr eingeschränkt zuzulassen (§§ 1191, 413, 399 2. Alt. BGB), etwa indem sie von der Zustimmung des Sicherungsgebers abhängig gemacht und dies mit Blick auf §§ 1157, 892 BGB im Grundbuch vermerkt würde. Da aber jedes einschränkende Vorgehen immer auch Auswirkungen auf die Kreditwirtschaft insgesamt haben dürfte und von dieser schließlich akzeptiert werden muss, lassen sich u. E. Empfehlungen in die eine oder andere Richtung grundsätzlich nicht ohne deren Einbindung beurteilen. Wir sind deshalb bereits in Kontakt mit dem Zentralen Kreditausschuss getreten und werden künftig Gespräche hierzu aufnehmen. Dabei gehen wir davon aus, dass auch die deutsche Kreditwirtschaft selbst ein gesteigertes Interesse an einer Beilegung der aufgekommenen Befürchtungen haben dürften, zumal bereits Ersatzansprüche der Darlehensnehmer für etwaige Pflichtverletzungen der veräußernden Banken diskutiert werden.

Ergänzen möchten wir schließlich, dass Anfang der Woche das Bundesministerium der Justiz bekannt gegeben hat, den Schutz von Kreditnehmern auch gesetzlich verbessern zu wollen. Die notarielle Praxis ist hiervon, soweit ersichtlich, jedoch nicht unmittelbar betroffen.

Über die weiteren Entwicklungen werden wir Sie zu gegebener Zeit informieren.




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