Rundschreiben Nr. 26/2008 vom 12.09.2008

Ergänzung des Rundschreibens Nr. 24/2008; Durchführungsvollmachten für Notarangestellte, Finanzierungsvollmachten und sonstige Vollmachten nach Inkrafttreten der Neufassung von § 13 FGG und § 79 ZPO

Mit Rundschreiben Nr. 24/2008 vom 05.09.2008 haben wir auf die Neufassung von § 13 FGG und § 79 ZPO durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts mit Wirkung zum 01.07.2008 hingewiesen und mögliche Auswirkungen auf Durchführungsvollmachten für Notarangestellte und Finanzierungsvollmachten dargelegt. Die Ausführungen in diesem Rundschreiben möchten wir wie folgt ergänzen.

A. Durchführungsvollmachten

Nach der Neufassung des § 13 FGG ist bei der Verwendung von Durchführungsvollmachten – vor allem im Bereich des Immobilienrechts – wie folgt zu unterscheiden:

I. Materiell-rechtliche Änderung des Grundstückskaufvertrages selbst

Zur Vornahme materiell-rechtlicher Änderungen des Grundstückskaufvertrages selbst können weiterhin unproblematisch Notarangestellte bevollmächtigt werden. Derartige materiell-rechtliche Änderungserklärungen sind im Beurkundungsverfahren gegenüber dem Notar abzugeben. § 13 FGG gilt hier unstreitig nicht. § 1 FGG beschränkt den Anwendungsbereich des FGG auf solche Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, die durch dieses Gesetz „den Gerichten“ übertragen sind. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BNotO ist das Beurkundungsverfahren jedoch den Notaren übertragen. Damit gilt für die Beurkundung durch Notare ausschließlich das Beurkundungsgesetz. Die Einschränkungen des § 13 FGG n. F. für die Person des Vertreters sind daher für notarielle Beurkundungen nicht einschlägig (siehe bereits Rundschreiben Nr. 24/2008).

II. Stellung von Anträgen bei Gericht

Demgegenüber dürfte ein Notarangestellter bei Zugrundelegung des Wortlauts von § 13 FGG n. F. gegenüber den Gerichten künftig ggf. keine Anträge mehr aufgrund einer Durchführungsvollmacht stellen. Die Antragstellung müsste bei einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung künftig vielmehr ausschließlich durch den Notar selbst im Namen der Beteiligten erfolgen. Dies bleibt unproblematisch zulässig, weil § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 FGG n. F. den Notar ausdrücklich als möglichen Bevollmächtigten nennt. Da in der Praxis die Anträge ohnehin meist gemäß § 129 FGG oder § 15 GBO durch den Notar gestellt werden, erscheinen die Folgen für die Handhabung von Durchführungsvollmachten hinsichtlich der Antragstellung jedoch in jedem Fall als gering.

III. Grundbuchbewilligungen und weitere Erklärungen gegenüber den Gerichten

1. Adressat der Bewilligung

Für die Handhabung von Durchführungsvollmachten bei Grundbuchbewilligungen könnte die Neufassung von § 13 FGG n. F. u. U. jedoch wesentliche Auswirkungen haben. Entsprechendes gilt auch für andere Erklärungen gegenüber den Gerichten. Die Regelung erfasst ihrem Wortlaut nach jede Vertretung in FGG-Verfahren. Darunter könnte man neben Eintragungsanträgen auch Grundbuchbewilligungen verstehen. Denn Adressat der Bewilligung ist das Grundbuchamt (vgl. KG OLG 40, 37; BayObLG Rpfleger 1976, 66; Demharter, GBO, 26. Aufl., 2008, § 19, Rn. 25; Holzer, in: Hügel, GBO, 2007, § 19, Rn. 26; KEHE/Munzig, GBO, § 19, Rn. 164), so dass der Anwendungsbereich des FGG grundsätzlich eröffnet sein dürfte. Bei einer derartigen Auslegung könnten Bewilligungen nicht mehr ohne Weiteres von Notarangestellten abgegeben werden, weil jene nicht zum Kreis der nach § 13 FGG n. F. vertretungsberechtigten Personen gehören.

2. Einschränkende Auslegung

Die Neuregelung des § 13 FGG verfolgt aber ausweislich der Gesetzesbegründung nicht den Regelungszweck, die Möglichkeit der Vertretung bei der Abgabe sämtlicher Erklärungen gegenüber dem Gericht einzuschränken. Die Änderung von § 13 FGG dient vielmehr allein dazu, nach dem Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) solche Begrenzungen der Prozessvertretungsbefugnis beizubehalten, die schon bisher nach dem Rechtsberatungsgesetz bestanden haben (Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drs. 16/3655, S. 92).

Richtigerweise ist § 13 FGG n. F. deshalb einschränkend dahin auszulegen, dass Durchführungsvollmachten nicht von der Beschränkung des Kreises der Vertretungsberechtigten betroffen sind. Der Notar sollte beim zuständigen Rechtspfleger darauf hinwirken, dass § 13 FGG n. F. nach dem Gesetzeszweck ausgelegt wird und bevollmächtigte Notarangestellte nicht zurückgewiesen werden.

In diesem Zusammenhang möchten wir nochmals darauf hinweisen, dass die Verfahrenshandlung eines Bevollmächtigten in jedem Falle wirksam bleibt, wenn das Gericht den Bevollmächtigten akzeptiert hat (§ 13 Abs. 3 S. 2 FGG n. F.). Eintragungen der Gerichte können daher nicht mehr nachträglich unter Berufung auf § 13 FGG n. F. beanstandet oder angefochten werden.

Wir bemühen uns im Übrigen derzeit intensiv beim Bundesministerium der Justiz um eine gesetzliche Klarstellung, dass § 13 FGG n. F. auf Grundbuchbewilligungen und sonstige Erklärungen gegenüber den Gerichten keine Anwendung findet.

3. Mögliche Gestaltungsalternativen

Sollte sich der zuständige Rechtspfleger trotzdem nicht von einer entsprechenden Auslegung des § 13 FGG n. F. überzeugen lassen, so ist folgendes zu beachten:

a) Ausgangslage

§ 13 FGG n. F. lässt jedenfalls auch weiterhin grundsätzlich die Vertretung bei der Abgabe von Erklärungen gegenüber den Gerichten zu. Der Kreis der möglichen Bevollmächtigten würde jedoch bei Zugrundelegung einer am Wortlaut orientierten Auslegung stark eingeschränkt und nur den Notar, nicht aber Notarangestellte erfassen. Notarangestellte könnten zwar weiterhin materiell-rechtliche Erklärungen aufgrund einer Durchführungsvollmacht ändern oder ergänzen. Bei Erklärungen, die an ein Gericht adressiert sind, wäre dies jedoch nicht mehr möglich.

b) Durchführungsvollmacht für den Notar zur Erteilung von Grundbuchbewilligungen

In der Durchführungsvollmacht sollte deshalb neben den Angestellten des Notars auch der Notar selbst zum Vollzug der jeweiligen Urkunde bevollmächtigt werden. Der Notar könnte dann im Wege einer sog. Eigenurkunde von ihm selbst beurkundete oder beglaubigte Grundbucherklärungen nachträglich ergänzen oder ändern. Notarielle Eigenurkunden über Grundbucherklärungen aufgrund von Durchführungsvollmachten werden heute allgemein für zulässig erachtet (BGH, DNotZ 1981, 118, 120; Knothe, in: Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., 2006, §29, Rn. 96) und erfüllen die Formanforderungen des § 19 GBO (BGH, DNotZ 1981, 118; OLG Frankfurt/Main, MittBayNot 2001, 225; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., 2008, Rn. 164).

c) Behandlung materiell-rechtlicher Vertragsänderungen

Materiell-rechtliche Änderungen des Grundstückskaufvertrages selbst sind dagegen im Wege der Eigenurkunde nicht möglich, weil die Eigenurkunde keine Niederschrift über fremde Willenserklärungen i. S. v. §§ 6 ff. BeurkG darstellt und deshalb den Formanforderungen des § 311b Abs. 1 BGB nicht genügt (vgl. Winkler, BeurkG, 16. Aufl., 2008, § 1, Rn. 6). Zur Vornahme materiell-rechtlicher Änderungen des Grundstückskaufvertrages selbst können aber weiterhin die Angestellten des Notars bevollmächtigt werden, da § 13 FGG hier nicht gilt (siehe oben A. I.).

d) Besonderheiten bei der Änderung oder Ergänzung von Auflassungen

Vor diesem Hintergrund könnte die materiell-rechtliche Auflassung aufgrund einer Durchführungsvollmacht weiterhin vom Notarangestellten erklärt werden. Der Notar hätte sodann im Wege der Eigenurkunde gesondert die Eintragungsbewilligung zu erteilen. Diese Vorgehensweise würde einer neueren Gestaltungsvariante bei Kaufverträgen im Rahmen der Umschreibungsüberwachung entsprechen: Bei der sog. ausgesetzten Bewilligung wird von den Beteiligten im Kaufvertrag zwar bereits die Auflassung erklärt, die jedoch ausdrücklich keine Eintragungsbewilligung enthält. Die Beteiligten bevollmächtigen dann den Notar übereinstimmend und unwiderruflich, die Eintragungsbewilligung durch Eigenurkunde nachzuholen, sobald ihm die Kaufpreiszahlung nachgewiesen ist (Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 4. Aufl., 2007, Rn. 572; vgl dazu auch OLG Stuttgart, DNotZ 2008, 456 ff.). Allerdings liegen höchstrichterliche Entscheidungen zu dieser Lösung bislang noch nicht vor.
 

B. Finanzierungsvollmachten

Zu beachten sind aber auch die möglichen Auswirkungen von § 13 FGG n. F., § 79 ZPO n. F. auf Finanzierungsvollmachten.

I. Gegenstand der Bevollmächtigung

Eine Finanzierungsvollmacht wird in notariellen Verträgen immer dann benötigt, wenn der Käufer zur Finanzierung des Kaufpreises bereits vor Eigentumsumschreibung Grundpfandrechte als Sicherheiten bestellen muss. Bei der Ausübung der Finanzierungsvollmacht sind drei Bereiche zu unterscheiden:

1. Materiell-rechtliche Grundschuldbestellung

Zunächst berechtigt die Finanzierungsvollmacht den Käufer dazu, im Namen des Verkäufers materiell-rechtliche Erklärungen zur Bestellung eines Grundpfandrechts gegenüber dem Notar abzugeben. Hierbei handelt es sich ausschließlich um das notarielle Beurkundungsverfahren, auf das § 13 FGG n. F. keine Anwendung findet (siehe oben A. I.).

2. Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung

Gleiches gilt auch für die Berechtigung des Käufers zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung im Namen des Verkäufers. Wie bereits im Rundschreiben Nr. 24/2008 dargestellt, handelt es sich aus unserer Sicht insoweit nur um eine Vollmacht, die für eine Vertretung bei der Beurkundung einer prozessualen Willenserklärung erteilt wird. Das Verfahren der öffentlichen Beurkundung bestimmt sich jedoch ausschließlich nach dem Beurkundungsgesetz und damit weder nach zivilprozessualen Vorschriften noch nach dem FGG. § 79 ZPO n. F. und § 13 FGG n. F. finden deshalb hier nach zutreffender Ansicht von vornherein keine Anwendung.

3. Grundbuchbewilligung

Schließlich berechtigt die Finanzierungsvollmacht den Käufer auch dazu, im Namen des Verkäufers, der noch Eigentümer ist, die Eintragung der Grundschuld und der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nach § 800 ZPO zu bewilligen. Eine solche Erklärung bedarf zwar der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Form, wird aber nicht gegenüber dem Notar, sondern gegenüber dem Grundbuchamt abgegeben (siehe oben A. III. 1). Damit ist grundsätzlich der Anwendungsbereich des FGG eröffnet. Richtigerweise ist eine Beschränkung des Kreises der Vertretungsberechtigten angesichts des Normzwecks und der Entstehungsgeschichte von § 13 FGG n. F. jedoch trotzdem zu verneinen (siehe oben A. III. 2.).

Es lässt sich aber nicht von vornherein völlig ausschließen, dass der Rechtspfleger bei einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung der Vorschrift eine Vertretung des Verkäufers durch den Käufer hinsichtlich der Grundbuchbewilligung zurückweist, weil jener grundsätzlich nicht zum Kreis der nach § 13 FGG n. F. vertretungsberechtigten Personen gehört (siehe oben A. III. 2.).

Auch § 13 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 FGG n. F. hilft hier aller Voraussicht nach nicht weiter. Danach können auch solche Personen bevollmächtigt werden, die Beteiligte des Verfahrens sind, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht. Der Käufer ist jedoch vor Eigentumsumschreibung im Hinblick auf die Eintragung des Grundpfandrechts formell wohl nicht Beteiligter und bekommt eine solche Stellung auch nicht durch das Gesetz zugewiesen (vgl. zum Beteiligtenbegriff: Zimmermann, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., 2003, § 13,Rn. 1).

II. Mögliche Gestaltungsalternativen

Nach der bereits zitierten Entscheidung des BGH (DNotZ 1981, 118 ff.) ist die Zulässigkeit der Errichtung von Eigenurkunden des Notars für Grundbuchbewilligungen anerkannt. Unmittelbar hat der BGH dies zwar nur für die Änderung oder Ergänzung bereits erteilter Bewilligungen aufgrund von Durchführungsvollmachten entschieden, während es bei der Finanzierungsvollmacht um die erstmalige Erteilung einer Eintragungsbewilligung geht. Trotzdem erscheint die Eigenurkunde aufgrund Vollmacht auch in diesen Fällen als zulässig, da der Notar in engem Zusammenhang mit der von ihm selbst vorgenommenen Beurkundung der Finanzierungsvollmacht im Grundstückskaufvertrag handelt und er im Regelfall auch die Bestellung der Finanzierungsgrundschuld selbst beurkundet hat. Die Situation ist daher vergleichbar mit der Abgabe der Bewilligung zum Vollzug eines Kaufvertrages nach der unter A. III. 3. d) genannten Vertragsgestaltung, die bereits in der Praxis vielfach umgesetzt wird (vgl. auch OLG Frankfurt/Main, MittBayNot 2001, 225). Gegen die Zulässigkeit der Bevollmächtigung des Notars zur Abgabe der Grundbuchbewilligung im Rahmen von Finanzierungsvollmachten bestehen daher aus unserer Sicht keine Bedenken.
 

C. Andere Vollmachten

Schwieriger stellt sich die Lage jedoch möglicherweise hinsichtlich der Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt bei Veräußerungs- oder Erwerbsvollmachten und bei anderen Vollmachten im Bereich des Immobilienrechts sowie bei General- oder Vorsorgevollmachten dar.

Materiell-rechtliche Erklärungen gegenüber dem Notar im Beurkundungsverfahren können auch weiterhin problemlos aufgrund dieser Vollmachten abgegeben werden, weil § 13 FGG n. F. auf das Beurkundungsverfahren zweifelsfrei keine Anwendung findet (siehe oben A. I.). Grundbuchbewilligungen im Sinne von § 19 GBO könnten aber bei einer streng am Wortlaut orientierten Auslegung des § 13 FGG n. F. vom Grundbuchrechtspfleger zurückgewiesen werden. Eine solche Auslegung von § 13 FGG n. F. durch das Grundbuchamt wäre zwar im Hinblick auf den Normzweck der Vorschrift falsch (siehe oben A. III. 2.), kann aber nicht von vornherein völlig ausgeschlossen werden.

Erschwert wird die Situation hier dadurch, dass bei sonstigen Vollmachten im Gegensatz zur Finanzierungsvollmacht vielfach wohl nicht auf eine Bevollmächtigung des Notars zur Abgabe der Grundbucherklärung als Gestaltungsalternative zurückgegriffen werden kann. Oftmals steht bei Erteilung der Vollmacht noch nicht fest, bei welchem Notar sie zur Ausübung gelangen soll. Deshalb könnte hier dann noch kein konkreter Notar bevollmächtigt werden. Dies gilt sowohl für spezielle Erwerbs- oder Veräußerungsvollmachten als auch für General- oder Vorsorgevollmachten im Vermögensbereich. Im Übrigen dürfte die Erteilung einer Bewilligung durch notarielle Eigenurkunde ferner nur dann zulässig sein, wenn sie in engem Zusammenhang mit einer Beurkundungstätigkeit des Notars steht. Der Notar dürfte eine solche Eigenurkunde wohl nur dann errichten, wenn er die auf ihn lautende Vollmacht selbst beurkundet hat (vgl. BGH, DNotZ 1981, 118, 120).

Auch im Bereich von Handelsregistervollmachten bleibt nur ein Rückgriff auf eine einschränkende Auslegung des § 13 FGG n. F., denn Anmeldungen zum Handelsregister sind ebenfalls keine Rechtsgeschäfte, sondern verfahrensrechtliche Erklärungen gegenüber dem Gericht (Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., 2008, § 12, Rn. 1).

Wir bemühen uns deshalb wie oben ausgeführt intensiv um eine Klarstellung durch den Gesetzgeber, dass § 13 FGG n. F. auf Grundbuchbewilligungen und sonstige Erklärungen gegenüber öffentlichen Registern keine Anwendung findet.




< zurück
XS
SM
MD
LG