Rundschreiben Nr. 2/2025 vom 15.05.2025

Änderung der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer Vermittlung von Urkundsgeschäften

die 131. Generalversammlung der Bundesnotarkammer hat am 4. April 2025 in Berlin einstimmig Änderungen der Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer beschlossen. Diese Änderungen sind im Heft 5/2025 der Deutschen Notar-Zeitschrift veröffentlicht (DNotZ 2025, 321).

Diese Änderungen reagieren darauf, dass sich seit den letzten Anpassungen der Richtlinienempfehlungen in den Jahren 2020[1] und 2022[2] verschiedene Geschäftsmodelle entwickelt haben, die mit ihren Diensten Notarinnen und Notare oder die rechtsuchende Bevölkerung ansprechen.

Dieses Rundschreiben enthält neben den konkreten geänderten Richtlinienempfehlungen auch eine jeweils dazu gehörende Begründung. Der Beschlussfassung der Generalversammlung sind umfangreiche Vorüberlegungen und Gremienbefassungen in enger Abstimmung mit dem Berufsrechtsausschuss der Bundesnotarkammer vorangegangen.

Als Anlage zu diesem Rundschreiben übersenden wir Ihnen ein Merkblatt, das die wesentlichen Gründe für die Änderungen zusammenfasst (Anlage 1) sowie die aktualisierten Richtlinienempfehlungen der Bundesnotarkammer (Anlage 2). Die Änderungen sind in der Version der Richtlinienempfehlungen grau hinterlegt.

A. Vermittlung von Urkundsgeschäften

I. Änderung der Richtlinienempfehlungen

In Ziff. VI. (Die Art der nach § 28 BNotO zu treffenden Vorkehrungen) der Richtlinienempfehlungen wird folgende Nr. 4 eingefügt:

1Der Notar darf sich nicht an der Vermittlung von Urkundsgeschäften beteiligen. 2Eine solche Vermittlung ist jede Tätigkeit, die darauf abzielt, einem bestimmten Notar einen Urkundsauftrag zukommen zu lassen. 3Auch das Entgegennehmen eines vermittelten Urkundsauftrags ist eine Beteiligung, wenn der Notar wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass der Urkundsauftrag vermittelt wurde.“

II. Begründung

1. Zur Rechtsgrundlage

Nach § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BNotO hat die Bundesnotarkammer die Aufgabe, durch Beschluss der Generalversammlung Empfehlungen für die von den Notarkammern nach § 67 Abs. 2 BNotO zu erlassenden Richtlinien auszusprechen. Die Notarkammern dürfen Richtlinien betreffend die berufsrechtlichen Pflichten bei der Vermittlung von Urkundsgeschäften erlassen. Solche Richtlinienbestimmungen können auf § 67 Abs. 2 Satz 3 Nr. 6 (Art der nach § 28 BNotO zu treffenden Vorkehrungen) und Nr. 7 (das nach § 29 BNotO zu beachtende Verhalten) BNotO gestützt werden. Denn nach § 28 BNotO hat der Notar durch geeignete Vorkehrungen die Wahrung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit seiner Amtsführung und die Einhaltung weiterer Amtspflichten sicherzustellen. Insbesondere dürfen Notarinnen und Notare nicht den Eindruck erwecken, ihre Unabhängigkeit und Unparteilichkeit trete hinter ein Gewinnstreben zurück, weshalb jegliches Verhalten verboten ist, das als Werbung um Aufträge angesehen werden kann.[3] Die Beteiligung an einer Vermittlung von Urkundsgeschäften kann den Eindruck der Abhängigkeit und Parteilichkeit erwecken.[4] Aus dem Verbot des gewerblichen Verhaltens nach § 29 BNotO folgt, dass Notarinnen und Notare andere Personen nicht veranlassen dürfen, ihnen Aufträge oder Auftraggeber zuzuführen.[5] Soweit es um die Vermittlung eigener Urkundsgeschäfte geht, geht § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO nicht über die Anforderungen aus §§ 28, 29 BNotO hinaus.[6]

Bisher sehen die Richtlinienempfehlungen zum Vermittlungsverbot nur vor, dass es Notarinnen und Notaren verboten ist, Vermittlungsentgelte für Urkundsgeschäfte zu leisten (Ziff. VI. 3.2. Satz 2 lit. b). Allgemeine Ausführungen zum Vermittlungsverbot oder Regelungen für Vermittlungen, bei denen kein Vermittlungsentgelt gezahlt wird, enthalten die Richtlinienempfehlungen nicht. Die Richtlinienempfehlungen sollen nunmehr Ausführungen hierzu enthalten, um Aufsicht sowie Notarinnen und Notare für die problematischen Fälle zu sensibilisieren.

2. Zu den Tatbestandsmerkmalen

a) Gesetzlicher Rahmen

Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO ist es Notarinnen und Notaren verboten, sich an jeder Art der Vermittlung von Urkundsgeschäften zu beteiligen. Durch das Tatbestandsmerkmal „jeder Art“ kommt zum Ausdruck, dass sowohl eine aktive Vermittlung durch eine Notarin oder einen Notar selbst als auch das passive Entgegennehmen eines vermittelten Urkundsauftrags verboten ist.[7] Auch kommt es nach dem Wortlaut von § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO nicht darauf an, ob ein Vermittlungsentgelt entrichtet wird. Falls dies der Fall ist, liegt zusätzlich ein Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Satz 4 BNotO vor.

Das Tatbestandsmerkmal der „Vermittlung“ im Sinne von § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO enthält als ein wesentliches Merkmal das Bemühen um den Abschluss eines Urkundsgeschäfts.[8] Dies ergibt sich  durch einen Vergleich mit den „durch Gesetz zugewiesenen Vermittlungstätigkeiten“ im Sinne von § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO. Eine vom Gesetzgeber zugelassene Vermittlungstätigkeit ist insbesondere die Vermittlung der Auseinandersetzung des Nachlasses zwischen mehreren Erben nach §§ 363 ff. FamFG.[9] In dem Verfahren nach §§ 363 ff. FamFG bedeutet „Vermittlung“, dass sich die Notarin oder der Notar bemühen soll, eine Einigung der Beteiligten herbeizuführen.[10] Daraus folgt, dass ein Merkmal des Tatbestandsmerkmals „Vermittlung“ im Sinne des § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO das Bemühen um den Abschluss eines Urkundsgeschäfts ist.[11] Systematisch wird das Beinhalten des Bemühens um den Abschluss eines Urkundsgeschäfts als Merkmal der Vermittlung zusätzlich dadurch gestützt, dass § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO auch die Vermittlung von Darlehen und Grundstücksgeschäften verbietet und damit Tätigkeiten erfasst, die darauf abzielen, Parteien eines Darlehens- oder Grundstücksvertrags zusammenzuführen.[12] Aus alldem folgt, dass eine Vermittlung von Urkundsgeschäften jede Tätigkeit ist, die darauf abzielt, einer bestimmten Notarin oder einem bestimmten Notar einen Urkundsauftrag zukommen zu lassen.[13]

Es kommt also maßgeblich auf das Motiv des Vermittelnden an. Eine Vermittlung ist nur dann verboten, wenn das Verschaffen des Urkundsauftrags das prägende Motiv des Vermittelnden ist. Der Gesetzeszweck von § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Notarin oder des Notars sicherzustellen und den Eindruck gewerblichen Verhaltens der Notarin oder des Notars zu vermeiden,[14] wird nicht beeinträchtigt, wenn die Notarin oder der Notar nicht wusste, dass der von ihr bzw. ihm angenommene Urkundsauftrag vermittelt wurde und sie bzw. er sich dieser Erkenntnis auch nicht trotz evidenter Anhaltspunkte verschlossen hat.[15] Folglich verbietet § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO nur die Entgegennahme von Urkundsaufträgen, bei denen die Notarin oder der Notar wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass es sich um einen vermittelten Urkundsauftrag handelt. Nicht allein maßgeblich ist, ob der Vermittelnde gewerbsmäßig handelt oder nur gelegentlich.[16] Dies folgt daraus, dass der Normzweck – wie die Bundesnotarordnung im Übrigen – auf gewerbliches Verhalten der Notarin oder des Notars und nicht auf solches des Vermittlers abstellt: Bemüht die Notarin oder der Notar sich um einen Urkundsauftrag, den ihr bzw. ihm ein selbst nur gelegentlich tätiger Vermittelnder verschafft, liegt der Anschein gewerblichen Verhaltens auf der Hand. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die Frage, ob ein Vermittler gewerbsmäßig oder nur gelegentlich tätig wird, Auswirkungen auf seine Motivation bei der Vermittlung von Urkundsgeschäften hat, die für die Anwendung von § 14 Abs. 4 Satz 1 BNotO entscheidend ist.

Die Konkretisierung dieser gesetzlichen Vorgaben erfolgt durch die Richtlinienempfehlungen. Denn schon aus der Gesetzesbegründung selbst folgt, dass nicht jede Tätigkeit, die darauf abzielt, einer bestimmten Notarin oder einem bestimmten Notar einen Urkundsauftrag zukommen zu lassen, verboten sein soll.[17] Zudem gibt es weitere Fälle, in denen dem Wortlaut nach zwar eine Vermittlung vorzuliegen scheint, jedoch keine Gefährdung der Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit der Notarin bzw. des Notars vorliegt und diese bzw. dieser auch nicht um Urkundsaufträge wirbt.

b) Konkretisierung durch die geänderten Richtlinienempfehlungen

Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben ist das zentrale Kriterium für das Vorliegen einer verbotenen Vermittlung nach Ziff. VI. Nr. 4 Satz 2 der Richtlinienempfehlungen das Motiv des Vermittelnden:

„Eine solche Vermittlung ist jede Tätigkeit, die darauf abzielt, einem bestimmten Notar einen Urkundsauftrag zukommen zu lassen.“

Eingegrenzt wird der Tatbestand zum einen dadurch, dass dies das prägende Motiv sein muss (aa). Tritt die Absicht der Vermittlung hinter anderen zentralen Motiven zurück, liegt keine verbotene Vermittlung vor. Zum anderen muss die Notarin oder der Notar, der bzw. dem das Geschäft vermittelt wird, nach Ziff. VI. Nr. 4 Satz 3 Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von dieser Vermittlung haben (bb).

aa) Entscheidend ist das Motiv des Vermittelnden

Nach den Richtlinienempfehlungen liegt eine Vermittlung dann vor, wenn eine Tätigkeit dazu bestimmt ist, einen Urkundsauftrag eines Rechtsuchenden einer Notarin oder einem Notar zukommen zu lassen. Bestimmt in diesem Sinne ist eine Tätigkeit dann, wenn in dem Motivbündel, auf dem die Tätigkeit beruht, die Vermittlung des Urkundsauftrags an eine bestimmte Notarin oder an einen bestimmten Notar das prägende Motiv ist. Hiermit liegt insbesondere in den Fällen keine verbotene Vermittlung vor, in denen das Vermittlungsmotiv hinter anderen zentralen Motiven zurücktritt. Dies ist etwa bei der Tätigkeit eines Rechtsanwalts oder eines Steuerberaters der Fall, der einem Mandanten im Rahmen eines freiberuflichen Mandats eine bestimmte Notarin oder einen bestimmten Notar empfiehlt. Denn der Rechtsanwalt oder Steuerberater hat im Rahmen eines solchen Mandats nach dem für ihn jeweils geltenden Berufsrecht die Interessen seines Mandanten zu verfolgen (vgl. § 3 Abs. 1 BRAO, § 33 StBerG), weshalb davon auszugehen ist, dass der Rechtsanwalt oder Steuerberater bei der Bearbeitung eines solchen Mandats eine bestimmte Notarin oder einen bestimmten Notar nur empfehlen wird, um dem Mandanten im konkreten Einzelfall bestmöglich zu helfen. Dem Rechtsanwalt bzw. Steuerberater geht es also nicht darum, einer bestimmten Notarin oder einem bestimmten Notar einen Urkundsauftrag zukommen zu lassen, sondern darum, dem Mandanten gemäß den berufsrechtlichen Anforderungen zu helfen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Rechtsanwalt oder Steuerberater Rechts- bzw. Steuerberatung im Einzelfall erbringt. Eine solche liegt vor, wenn der Mandant einem Rechtsanwalt oder Steuerberater einen konkreten Lebenssachverhalt schildert und dieser anhand dessen eine rechtliche oder steuerliche Empfehlung ausspricht, unabhängig davon, welche technischen Mittel genutzt werden. Denn nur bei Kenntnis des Einzelfalls kann der Rechtsanwalt oder Steuerberater mit einer Empfehlung einer Notarin oder eines Notars in erster Linie die Interessen des Mandanten verfolgen. Kennt er den Einzelfall nicht, kann die rechtliche oder steuerliche Beratung des Mandanten im Einzelfall nicht im Vordergrund stehen.

Auch liegt keine verbotene Vermittlung vor, wenn ein Immobilienmakler einem Kunden eine bestimmte Notarin oder einen bestimmten Notar vorschlägt. Die Tätigkeit des Maklers ist auf die Vermittlung von (Immobilienkauf-)Verträgen i. S. d. §§ 652 ff. BGB gerichtet. Prägendes Motiv für den Makler ist somit die Vermittlung des Vertragsschlusses an sich, nicht die Herstellung des Kontakts zu einer bestimmten Notarin oder einem bestimmten Notar.

Ferner nicht von dem Vermittlungsverbot erfasst sind sozialadäquate Gefälligkeitshinweise sowie die bloße auf Anfrage geäußerte Empfehlung eines Kollegen.[18] Das gilt beispielsweise, wenn der Bankberater seinem Kunden mitteilt, dass er mit einer bestimmten Notarin gute Erfahrungen gemacht hat und diese empfiehlt. Denn auch wenn der Vermittler in diesen Fällen weiß, dass seine Empfehlung bzw. sein Hinweis dazu führen, dass eine bestimmte Notarin oder ein bestimmter Notar einen Urkundsauftrag erhält, liegt kein „Abzielen“ im Sinne von Satz 2 des Vorschlags vor. Ein solches „Abzielen“ liegt nur vor, wenn es das zentrale Motiv des Vermittelnden ist, dass eine bestimmte Notarin oder ein bestimmter Notar einen Urkundsauftrag erhält. Der Empfehlende hat in diesen Konstellationen jedoch den Hinweis auf Nachfrage bzw. im Rahmen eines sonstigen sozialadäquaten Verhaltens geäußert, sodass es auch an der für eine Werbung typischen Initiative des Werbenden fehlt. Das zentrale Motiv für die Empfehlung ist lediglich, dem Fragenden eine sozial übliche Gefälligkeit zu erweisen. Die Gefahr des Anscheins der Abhängigkeit, der Parteilichkeit oder der Gewerblichkeit besteht nicht: Denn wenn es sich um eine reine Gefälligkeit handelt, wird bei dem Mandanten nicht der Eindruck entstehen, die empfohlene Notarin oder der empfohlene Notar könne nicht innerhalb der Grenzen der BNotO über die Annahme oder Ablehnung eines Mandats entscheiden. Auch der Eindruck der Gewerblichkeit wird nicht erweckt, da die Rechtsuchenden wissen, dass es sich lediglich um eine unverbindliche Empfehlung außerhalb jeglicher geschäftlichen Sphäre handelt und die Notarin oder der Notar als Träger eines öffentlichen Amtes offensichtlich nicht in einer Geschäftsbeziehung zu dem Empfehlenden stehen. Zulässig ist es danach etwa auch, wenn ein Amtsvorgänger seine Amtsnachfolgerin in der Gemeinde vorstellt und empfiehlt. Somit bestehen bei solchen „sozialadäquaten“ Vermittlungen keine Zweifel an der unparteiischen Amtsausübung.

Zur einfacheren Anwendung der Richtlinien in der Praxis werden im Folgenden Fälle dargestellt, bei denen eine verbotene Vermittlung indiziert ist:

Wirbt ein Anbieter ausdrücklich damit, dass er einen Urkundsauftrag an eine Notarin oder einen Notar übermittelt, liegt ein starkes Indiz vor, dass die Tätigkeit gerade auch auf die Vermittlung abzielt und die Vermittlung das prägende Motiv für die Tätigkeit ist. Insbesondere ist dies der Fall, wenn der Tätigkeitsinhalt auch in der Vermittlung von Kontaktdaten von Notarinnen und Notaren oder von Notarterminen besteht, oder wenn der einfachere oder schnellere Zugang zu Notarinnen oder Notaren versprochen wird. Ein vergleichbar starkes Indiz liegt vor, wenn ein Entgelt entrichtet wird, das auch dazu dient, die Vermittlung eines Kontakts zu einer Notarin oder einem Notar zu vergüten oder für die Vermittlung eines Kontakts andere unmittelbare oder mittelbare Vorteile für den Vermittler erwartet werden.[19] Ebenfalls ist bei einer Tätigkeit das Abzielen auf eine Vermittlung regelmäßig indiziert, wenn eine Vermittlung zur Vermeidung eines Mitwirkungsverbots in einem Verhältnis der Gegenseitigkeit geschieht.[20] Die Vereinbarung eines Beurkundungs- oder Besprechungstermins durch einen an dem Urkundsgeschäft nicht beteiligten Dritten kann ein Indiz für eine verbotene Vermittlung sein, sofern die Kontaktvermittlung nicht nur bei Gelegenheit einer anderen Tätigkeit erfolgt, wie etwa, wenn eine Rechtsanwältin oder eine Maklerin für ihren Mandanten oder ein Kind für seine Eltern einen Termin vereinbart. Eine verbotene Vermittlung dürfte umso mehr indiziert sein, wenn ein Dritter Termine für unterschiedliche potenzielle Urkundsbeteiligte vereinbart. Entkräftet wird dieses Indiz wiederum etwa, wenn eine den Beteiligten nahestehende oder mit dem Vorgang aus eigenem Interesse verbundene Person einen Termin für einen (weiteren) Beteiligten vereinbart. Gedacht sei hier etwa an das Kind eines Testators oder an einen Dienstbarkeitsberechtigten. Eine solche Tätigkeit zielt nicht auf die Terminvermittlung ab, sondern ist – wie in den Beispielsfällen – durch anderweitige Motive geprägt, etwa familiärer Art oder solche, die sich aus der angestrebten Rechtsfolge ergeben. Indiziert ist eine verbotene Vermittlung auch dann, wenn z.B. ein Notar als „Partnernotar“ eines Vermittlers auftritt. Hinter einem solchen Auftreten steht die Idee, dass der Vermittler seinen Kunden empfiehlt, auf einen seiner „Partnernotarinnen und -notare“ zurückzugreifen. Liegt ein solcher Fall vor, muss dem als „Partnernotar“ auftretenden Notar offenkundig sein, dass er durch seinen Auftritt gegen § 14 Abs. 4 BNotO verstößt. Denn er weiß, dass die Tätigkeit des Vermittlers darauf abzielt, ihm als einem seiner Partnernotare Urkundsaufträge zukommen zu lassen. Zudem liegt ein Verstoß gegen § 29 BNotO vor, da ein solches Verhalten darauf gerichtet ist, Urkundsaufträge zu erlangen. Es entsteht zudem der Eindruck der Abhängigkeit, da die rechtsuchende Bevölkerung annehmen darf, die „Partnernotarin“ bzw. der „Partnernotar“ stünde in einer Geschäfts- oder Abhängigkeitsbeziehung zum Vermittler.

bb) Zu den Anforderungen in subjektiver Hinsicht

In subjektiver Hinsicht muss die Notarin bzw. der Notar die tatsächlichen Umstände kennen, die einen Verstoß gegen das Vermittlungsverbot begründen oder sich trotz evidenter Anhaltspunkte der Kenntnis dieser Tatsachen bewusst verschließen.[21] Da eine aktive Vermittlungsleistung durch die Notarin oder den Notar das subjektive Element schon begriffsnotwendig beinhaltet, zielt Satz 3 nur auf die Entgegennahme eines vermittelten Urkundsauftrags ab. Das Verbot der Beteiligung an der Vermittlung von Urkundsgeschäften lässt den Urkundsgewährungsanspruch der Beteiligten unberührt. Der Notarin bzw. dem Notar steht es frei, die Rechtsuchenden oder den Vermittler darauf hinzuweisen, dass die Beteiligten ohne die Beteiligung eines Vermittlers jederzeit direkt mit ihr bzw. ihm in Kontakt treten können. Das gleiche gilt, wenn eine Notarin oder ein Notar erfährt, dass ein Vermittler sie bzw. ihn als „Partnernotarin“ bzw. „Partnernotar“ bezeichnet und ihr bzw. ihm außerhalb der zuvor gesteckten Grenzen zulässiger Vermittlung Urkundsaufträge vermittelt.

3. Beispiele

Um erlaubte und verbotene Vermittlungstätigkeiten zu veranschaulichen und abzugrenzen, bieten sich folgende Beispiele an:

Beispiel 1:

Ein Rechtsanwalt hat in der Vergangenheit bei Scheidungsfolgenvereinbarungen seiner Mandanten gute Erfahrungen mit einer bestimmten Notarin gemacht. Daher empfiehlt er seiner neuen Mandantin, deren Scheidungsfolgenvereinbarung ebenfalls bei dieser Notarin beurkunden zu lassen.

 

Beispiel 2:

Ein Makler lässt die Beurkundung „seiner“ Kaufverträge immer bei demselben Notar durchführen und vereinbart die Termine hierfür namens der Beteiligten ggf. selbst.

Diese Fälle fallen nicht unter das Vermittlungsverbot nach § 14 Abs. 4 BNotO. Ein Notar, der im Wissen um diese Sachverhalte einen entsprechenden Beurkundungstermin vereinbart, verhält sich berufsrechtskonform.

Beispiel 3:

Eine Online-Plattform bietet hauptsächlich die Funktion, online Notartermine zu vereinbaren.

 

Beispiel 4:

Eine Online-Plattform bietet rechtliche Hilfestellung und Beratung an, bspw. bei der Gründung von Unternehmen oder bei Erbschaften. Als Teil des Angebots wird auch die Vereinbarung eines Notartermins über die Online-Plattform angeboten.

Diese Fälle unterfallen dem Vermittlungsverbot nach § 14 Abs. 4 BNotO. Die Teilnahme einer Notarin oder eines Notars an einer solchen Vermittlung wäre daher berufsrechtswidrig. Das Verbot der Beteiligung an der Vermittlung von Urkundsgeschäften lässt den Urkundsgewährungsanspruch der Beteiligten unberührt. Dem Notar steht es frei, die Rechtsuchenden oder den Vermittler darauf hinzuweisen, dass die Beteiligten ohne die Beteiligung eines Vermittlers jederzeit direkt mit dem Notar in Kontakt treten können.

B. Umgang mit Dienstleistern

I. Änderung der Richtlinienempfehlungen

Die Ziff. IV. 3. Satz 3, IV. 4. und VIII. 1. werden wie folgt angepasst:

3Es darf kein Zweifel daran entstehen, dass alle Tätigkeiten der Mitarbeiter vom Notar selbst verantwortet werden.“

„Der Notar ist verpflichtet, Beschäftigungsverhältnisse und Verträge mit Dienstleistern so zu gestalten, dass es zu keiner Beeinträchtigung oder Gefährdung der persönlichen Amtsausübung kommt.“

„Der Notar hat die vertraglichen Beziehungen zu seinen Mitarbeitern und Dienstleistern so zu gestalten, dass seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht gefährdet werden.“

II. Begründung

Diese Änderung der Richtlinienempfehlung stellt klar, dass die Grundsätze der persönlichen Amtsausübung, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht nur bei der Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse gelten, sondern auch bei der Ausgestaltung anderer Vertragsverhältnisse – insbesondere bei der Beauftragung außenstehender Dritter.[22] Die Unabhängigkeit der Amtsführung ist von fundamentaler Bedeutung für das Notaramt und rechtfertigt das Vertrauen, das der Notarin bzw. dem Notar entgegengebracht wird.[23] Sie umfasst insbesondere die Unabhängigkeit gegenüber den Beteiligten, vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO.[24] In der Sache meint die Unabhängigkeit die Freiheit der rechtlichen Entscheidung bei jeder Amtstätigkeit,[25] insbesondere von solchen Interessenbindungen, die die Unparteilichkeit gefährden könnten.[26] Auch aus einem Vertrag mit einem externen Dienstleister darf daher kein sachfremder – also dem Beurkundungsverfahren fremder – Einfluss herrühren. Schon einen solchen Anschein muss der Notar gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 BNotO vermeiden. Nach diesen Grundsätzen ist es etwa unzulässig, wenn der Notar die eigenständige inhaltliche Terminvergabe an einen externen Dienstleister auslagert oder diesem Terminkontingente zur eigenständigen Verfügung stellt, die dieser Dienstleister dann an seine Kunden – die potenziellen Urkundsbeteiligten – vergibt. Denn in diesem Fall bestimmt nicht die Notarin bzw. der Notar über die Terminvergabe, sondern ein externer Dienstleister. Die Terminvergabe gehört zu der Amtstätigkeit des Notars, weil sie zum einen darüber entscheidet, ob und wann dem Bürger der Zugang zum Notar in dem konkreten Fall offensteht, zum anderen darüber, wann der Notar seiner Amtstätigkeit nachkommt. Auch bei Auftreten als „Partnernotarin“ oder „Partnernotar“ eines Anbieters, der Notare an Urkundsbeteiligte vermittelt, kann der Eindruck erweckt werden, dass die Amtsausübung nicht frei von sachfremden Einflüssen ist (zudem liegt ein Verstoß gegen die oben vorgestellte Formulierung von Ziff. VI. 4. vor). Denn aus Sicht eines objektiven Beobachters liegt der Schluss nahe, dass die Notarin bzw. der Notar in einem (finanziellen) Abhängigkeitsverhältnis zu dem Vermittler steht und möglicherweise nicht mehr frei darüber entscheiden kann, wann und ob (in den Grenzen von § 15 BNotO) sie bzw. er ein Mandat annimmt.

Hinsichtlich der persönlichen Amtsausübung gelten bei der Einbindung externer Dienstleister strengere Anforderungen als bei der Einbindung von Beschäftigten, weil der Notar die Dienstleister in der Regel nicht in gleicher Weise kennt wie Beschäftigte und diese Dienstleister nicht in gleichem Maße in die Arbeitsabläufe des Notariats eingebunden sind, sodass die Notarin oder der Notar regelmäßig nicht in gleichem Maße auf die Richtigkeit der Arbeitsergebnisse vertrauen kann. Zudem hat die Notarin oder der Notar gegenüber externen Dienstleistern kein Weisungsrecht, das dem gegenüber Beschäftigten (§ 611a Abs. 1 BGB) entspricht.

Der Grundsatz der persönlichen Amtsausübung besagt, dass keine Zweifel bestehen dürfen, dass der Notar jede Amtstätigkeit selbst verantwortet.[27] Zur Amtstätigkeit des Notars gehört gemäß § 17 BNotO auch die Klärung des Sachverhaltes, wozu auch die Erfassung der persönlichen Daten der Beteiligten sowie deren Anliegen gehört. Diese Datenerfassung darf über eine automatisierte Anwendung erfolgen, solange nicht der Eindruck entsteht, dass die Datenerfassung nicht von dem Notar selbst verantwortet wird. Ein solcher Eindruck entsteht nicht, wenn die Datenerfassung in die Webseite des Notars optisch und funktionell eingebunden ist. Auch darf die Datenerfassung auf der Webseite nur optional sein – den Mandanten muss es unbenommen bleiben, sich unmittelbar an den Notar oder seine Beschäftigten zu wenden.

Auch bei der Terminvergabe darf nicht der Eindruck erweckt werden, der Notar würde diese nicht selbst verantworten. Auch hier entsteht ein solcher Eindruck nicht, wenn die Terminvergabe in die Webseite des Notars optisch und funktionell eingebunden ist. Bei einer solchen optischen und funktionellen Einbindung besteht auch nicht der Anschein, dass der Notar sein Amt nicht unabhängig ausführt, es sei denn, der Notar entscheidet nicht selbst darüber, ob ein Termin freigegeben und angenommen wird.

Auch die Entwurfserstellung ist eine Amtstätigkeit des Notars, sodass dieser sie verantworten muss und sie nicht vollständig auf einen Dritten auslagern kann.[28] Zahlt die Notarin oder der Notar eine Vergütung für einen Urkundsentwurf, so liegt hierin eine verbotene Beteiligung an den Gebühren nach § 17 Abs. 1 Satz 4 BNotO (vgl. RLEmBNotK VI. 3. 2. Satz 2 lit. c).[29]

Unberührt bleiben die Anforderungen für die Inanspruchnahme von Dienstleistern nach § 26a BNotO und nach Datenschutzrecht.

C. Redaktionelle Anpassungen

In XI. (Ziff. 2 und Ziff. 3.2) war noch von „Büchern und Akten“ und nicht von „Akten und Verzeichnissen“ die Rede. Dies wurde bei dieser Gelegenheit angepasst.

 

[1] Änderungen durch Beschluss der 122. Vertreterversammlung vom 2. Oktober 2020 (DNotZ 2020, 561).

[2] Änderungen durch Beschluss der 125. Generalversammlung vom 8. April 2022 (DNotZ 2022, 322).

[3] Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 73.

[4] BGH DNotZ 2018, 550 Rn. 26.

[5] BT-Drs. 13/4184, S. 24; Frisch, in: BeckOK BNotO § 29 Rn. 13.

[6] Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 115a.

[7] Vgl. BT-Drs. 13/4184, S. 24.

[8] So auch BT-Drs. 13/4184, S. 24.

[9] Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 114.

[10] Zimmermann, in: Sternal, FamFG, § 363 Rn. 17.

[11] S. auch zur Vermittlung von Urkundsgeschäften Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 115a.

[12] Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 115.

[13] Vgl. Frenz, in: Frenz/Miermeister, BNotO, § 14 Rn. 44.

[14] Vgl. BT-Drs. 13/4184, S. 24.

[15] Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 115a.

[16] Frenz, in: Frenz/Miermeister, BNotO, § 14 Rn. 44.

[17] Vgl. etwa BT-Drs. 13/4184, S. 24.

[18] Vgl. BT-Drs. 13/4184, S. 24; Frenz, in: Frenz/Miermeister, BNotO, § 14 Rn. 44; Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 116.

[19] Vgl. Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 115a.

[20] Sandkühler, in: Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, § 14 Rn. 317; Frenz, in: Frenz/Miermeister, BNotO, § 14 Rn. 44.

[21] Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 115a.

[22] Vgl. OLG Celle DNotZ 2018, 942 Rn. 72.

[23] BGH DNotZ 2022, 551 Rn. 24; DNotZ 2020, 878 Rn. 11; Eschwey, in: BeckOK BNotO, § 1 Rn. 33.

[24] Seger, in: Diehn, BNotO, § 14 Rn. 18.

[25] Sander, in: BeckOK BNotO, § 14 Rn. 65.

[26] KG NJOZ 2018, 714 Rn. 27.

[27] OLG Celle DNotZ 2018, 942 Rn. 71, 78; Bremkamp, in: Frenz/Miermeister, BNotO, § 25 Rn. 6.

[28] Vgl. OLG Celle DNotZ 2018, 942 Rn. 72.

[29] S. dazu weiterführend Frenz, in: Frenz/Miermeister, BNotO, § 17 Rn. 13.




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