Stellungnahme vom 26.05.2023

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts

Zusammenfassung:

Der vorliegende Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts reformiert die namensrechtlichen Vorschriften des Privatrechts und führt im Wesentlichen neue Auswahl- und Gestaltungsmöglichkeiten bei der Bestimmung von Ehe- und Geburtsnamen ein.

Die zweifelsfreie und eindeutige Zuordnung einer namensrechtlichen Erklärung zu der erklärenden Person ist sowohl für den Rechtsverkehr als auch für die betroffene Person von zen-traler Bedeutung. Das im Namensrecht bestehende Erfordernis einer öffentlichen Beglaubigung von Erklärungen zur Namenswahl ist vor diesem Hintergrund richtig und uneingeschränkt zu begrüßen (A.). Für Fälle der Erwachsenenadoption schafft der vorliegende Entwurf eine praxisgerechte Neuerung, indem die angenommene Person künftig die Möglichkeit erhält, ihren bisherigen Familiennamen als alleinigen Familiennamen zu behalten. Dies dürfte einem konkret bestehenden Anliegen der rechtsuchenden Bevölkerung entsprechen. Um diesem zügig nachzukommen und Rechtsklarheit zu schaffen, könnte das Inkrafttreten des § 1767 BGB-E vorverlegt werden (B.).

Im Einzelnen:

A. Zweifelsfreie Zuordnung der Namenswahl durch öffentliche Beglaubigung

Wie bereits bislang im Namensrecht üblich, sieht auch der Referentenentwurf vor, dass Erklärungen zur Namenswahl der öffentlichen Beglaubigung bedürfen, wenn sie nicht bei der Eheschließung abgegeben werden. Dies garantiert eine verbindliche Zuordnung namensrechtlicher Erklärungen, ermöglicht dem Rechtsverkehr, Namensänderungen zuverlässig nachzuvollziehen, und weist die erklärende Person auf die dauerhaften Folgen der namensrechtlichen Erklärung hin.

Die öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB) dient der Identifikation und der Authentifikation. Durch sie wird öffentlich beurkundet, dass die Unterschrift von der anhand strenger verfahrensrechtlicher Vorgaben identifizierten und im Beglaubigungsvermerk angegebenen Person herrührt und dass diese Person ihre Unterschrift oder ihr Handzeichen persönlich vor der Amtsperson vollzogen oder anerkannt hat.[1] Daneben hat das Beglaubigungserfordernis auch eine Warnfunktion und dient dem Übereilungsschutz. Die unterzeichnende Person soll sich der Bedeutung ihrer Erklärung dadurch bewusst werden, dass die Unterschrift von einer Amtsperson zu beglaubigen ist.[2]

Erklärungen zur Namenswahl haben weitreichende Auswirkungen, die die öffentliche Beglaubigung erforderlich machen. Für die jeweils erklärende Person ist der Name zentrales Identifikationsmerkmal und damit als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von großer Bedeutung. Da namensrechtliche Erklärungen zudem in der Regel unwiderruflich sind und bestehende Wahlmöglichkeiten nur einmal ausgeübt werden können, führt das Beglaubigungserfordernis der erklärenden Person die Tragweite ihrer Erklärung vor Augen. Zur Sicherheit des Rechtsverkehrs muss eine verlässliche Namenszuordnung gewährleistet werden. Eine unklare Namenszuordnung könnte beispielsweise die Aussagekraft des Grundbuchs und Handelsregisters schmälern, wenn die Nennung einer Eigentümerin oder eines Eigentümers für den Rechtsverkehr keine verlässliche Vermögenszuordnung zu einer konkreten Person mehr ermöglichen würde, weil Erklärungen zur Namenswahl formfrei abgegeben werden könnten. Durch die öffentliche Beglaubigung der Erklärungen zur Namenswahl wird rechtssicher gewährleistet, dass die Erklärung tatsächlich von der genannten Person abgegeben wurde.

B. Flexibilität bei der Erwachsenenadoption

Nach aktueller Rechtslage besteht bei der Annahme einer volljährigen Person als Kind („Erwachsenenadoption“) für die angenommene Person keine Möglichkeit, den bisherigen Geburtsnamen als alleinigen Familiennamen fortzuführen. Nach § 1767 Abs. 2 Satz 1, § 1757Abs. 1 Satz 1 BGB erhält die angenommene Person als Geburtsnamen grundsätzlich den Familiennamen des oder der Annehmenden. Wenn schwerwiegende Gründe dies erforderlich machen, kann der bisherige Familienname vorangestellt oder angefügt werden, § 1767 Abs. 2 Satz 1, § 1757 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB. Dies gilt selbst bei der sogenannten Erwachsenenadoption mit schwacher Wirkung.[3]

Mit § 1767 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB-E soll nun die Möglichkeit geschaffen werden, bei der Annahme einer erwachsenen Person als Kind den bisherigen Geburtsnamen als alleinigen Familiennamen fortzuführen. Ebenso soll das Voranstellen oder Anfügen des bisherigen Familiennamens des Angenommenen ohne Darlegung von Gründen möglich sein, § 1767 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB-E.

In der notariellen Praxis lässt sich nicht selten beobachten, dass eine angenommene erwachsene Person ihren (bisherigen) Geburtsnamen weiterhin als alleinigen Familiennamen führen möchte.[4] Die in § 1767 Abs. 3–5 BGB-E vorgesehenen Regelungen dürften in diesen Fällen dem Anliegen der rechtsuchenden Bevölkerung entsprechen und erscheinen daher begrüßenswert.

Um dem Bedürfnis zügig zu entsprechen und Rechtsklarheit zu erreichen, könnte das Inkrafttreten des § 1767 Abs. 3–5 BGB-E vorverlegt werden. Momentan ist für die Änderung der namensrechtlichen Regelungen bei der Erwachsenenadoption – wie bei den übrigen Regelungen – ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2025 vorgesehen. Der bislang bei Erwachsenenadoptionen bestehende Zwang zur Annahme des Familiennamens der annehmenden Person ist nach Vorlage durch den Bundesgerichtshof Gegenstand eines anhängigen Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht.[5] Für die juristische Praxis sind bei Erwachsenenadoptionen die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Fortführung des bisherigen Geburtsnamens als alleinigen Familiennamen momentan daher ungewiss. Ein früheres Inkrafttreten des § 1767 Abs. 3–5 BGB-E würde aus Sicht der rechtsuchenden Bevölkerung insoweit Klarheit schaffen und die Familiengerichte entlasten. Zudem würde unnötiger Aufwand vermieden, der entsteht, wenn dem Wunsch erwachsener angenommener Personen, den bisherigen Geburtsnamen als alleinigen Familiennamen fortzuführen, nicht entsprochen werden kann, und diese Personen nach Inkrafttreten des § 1767 Abs. 3–5 BGB-E nachträglich ihren Namen gemäß der Überleitungsvorschrift in Art. 229 EGBGB-E zurückändern.

Der für das Inkrafttreten gewählte Zeitpunkt und insbesondere die in Art. 229 EGBGB-E vorgesehenen Übergangsvorschriften erscheinen darüber hinaus maßvoll.

 

[1] Vgl. Einsele in: MüKoBGB, 9. Aufl. 2021, § 129 Rn. 1; Winkler, BeurkG, 20. Aufl. 2022, § 40 Rn. 2; Grziwotz in: Grziwotz/Heinemann, BeurkG, 3. Aufl. 2018, § 40 Rn. 1; BGH, Urt. v. 4.4.1962 – V ZR 110/6037, NJW 1962, 1149 (1150); LG Darmstadt, Beschl. v. 3.2.1998 – 23 T 6/98, MittBayNot 1998, 369; Boczek/Lührs, JuS 2020, 916 (918).

[2] Scheller in: BeckOGK, Stand 1.2.2022, § 129 BGB Rn. 9; Hertel in: Staudinger, BGB (2023), § 129 Rn. 30; Theilig in: BeckOGK, Stand 1.11.2022, § 40 BeurkG Rn. 5; Malzer, DNotZ 2000, 169 (179).

[3] Bei der Erwachsenenadoption mit schwacher Wirkung wird der Angenommene in rechtlicher Hinsicht nicht vollständig in die Familie des Annehmenden aufgenommen. Zwar erhält er gemäß § 1767 Abs. 2 i.V.m. § 1754 Abs. 2 BGB die Rechtsstellung eines Kindes des Annehmenden und seine Abkömmlinge werden zu Enkeln des Annehmenden. Aber zu den Verwandten des Annehmenden werden keine Verwandtschaftsverhältnisse begründet, § 1770 Abs. 1 BGB. Die Verwandtschaftsverhältnisse des Angenommenen zu seinen Verwandten bleiben gemäß § 1770 Abs. 2 BGB bestehen; ausführlich zur Erwachsenenadoption mit schwacher Wirkung Krämer/Voigt, ZEV 2020, 468.

[4] Vgl. Müller, MittBayNot 2011, 16 (19 f.).

[5] BGH, Beschl. v. 13.5.2020 – XII ZB 427/19.




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