Stellungnahme vom 13.11.2023

Referentenentwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktdigitalisierungsgesetz – FinmadiG)

Zusammenfassung:

Die Bundesnotarkammer unterstützt die Bestrebungen des vorliegenden Referentenentwurfs, die Integrität und Stabilität des Finanzsystems zu stärken. Hierdurch kann insbesondere neuen Geldwäscherisiken in der Finanzwelt entgegengewirkt werden. Unsere Stellungnahme beschränken wir auf die geplante Änderung in § 45 des Geldwäschegesetzes (Artikel 8 Nr. 9 b) des Referentenentwurfs). Diese dürfte bedeutsame praktische Auswirkungen auf die Geldwäscheverdachtsmeldungen haben, die von geldwäscherechtlich Verpflichteten des Finanzsektors wie auch des Nichtfinanzsektors abgegeben werden.

Die geplante Ergänzung in § 45 Abs. 5 GwG-E ermöglicht es dem Verordnungsgeber, Bestimmungen zu den für die Geldwäscheverdachtsmeldung erforderlichen Angaben zu treffen. Insbesondere soll danach auch geregelt werden können, an welcher Stelle und wie die jeweiligen Informationen in der elektronischen Meldemaske einzutragen und welche Anlagen ggf. beizufügen sind.[1] Wir regen bereits an dieser Stelle an, beim künftigen Erlass einer Rechtsverordnung nach § 45 Abs. 5 GwG-E die praxisnahe Perspektive der geldwäscherechtlich Verpflichteten umfassend zu berücksichtigen. Dies umfasst nicht zuletzt die Perspektive der notariellen Praxis.

Notarinnen und Notare stellen innerhalb des Nichtfinanzsektors die mit Abstand größte Meldegruppe dar und leisten einen zentralen Beitrag für die staatliche Unterbindung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (A.). Dabei werden sie durch ein von der Bundesnotarkammer eigens programmiertes Geldwäscheprüfungstool unterstützt. Damit Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auch künftig effektiv durch notarielle Verdachtsmeldungen verhindert werden können, sollte beim Erlass einer Verordnung nach § 45 Abs. 5 GwG-E, die die Art und Weise der Meldungsabgabe regelt, unbedingt auch die notarielle Perspektive und Praxis eingebunden werden (B.). Fraglich ist außerdem, inwieweit die geplante Ergänzung nach § 45 Abs. 5 GwG-E überhaupt erforderlich ist, um einheitliche Verdachtsmeldungen zu erhalten. Vorgaben und Bestimmungen zu den für die Verdachtsmeldungen erforderlichen Angaben können bereits jetzt interessensgerecht in den nach § 51 Abs. 8 GwG zu erlassenden Auslegungs- und Anwendungshinweise geregelt werden (C.). 

Im Einzelnen:

A. Rolle der Notarinnen und Notare bei der Geldwäschebekämpfung

Notarinnen und Notare leisten als öffentliche Amtsträgerinnen und Amtsträger seit jeher wichtige Beiträge bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie bei der Durchsetzung von Sanktionen. Sie erfüllen zahlreiche geldwäscherechtliche Verpflichtungen und werden so in vielfältiger Weise als öffentliche Kontrollinstanz tätig. Dabei unterliegen sie strengen berufsrechtlichen Vorgaben und einer engmaschigen aufsichtlichen Überprüfung. Die Notarinnen und Notare nehmen damit im Nichtfinanzsektor die zentrale Rolle bei der Bekämpfung von Finanzkriminalität ein. Eine besondere Rolle spielt hierbei die Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien (GwGMeldV-Immobilien).

Notarinnen und Notare nehmen nach § 43 Abs. 6 GwG i.V.m. GwGMeldV-Immobilien z. B. wegen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit dem Preis oder einer Kauf- oder Zahlungsmodalität (§ 6 GwGMeldV-Immobilien) oder wegen eines Bezugs zu Risikostaaten und Sanktionslisten (§ 3 GwGMeldV-Immobilien) Meldungen an die FIU vor und tragen damit erheblich zur Bekämpfung von Geldwäsche und Sanktionsdurchsetzung bei. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in der hohen Anzahl der abgegebenen Geldwäscheverdachtsmeldungen wieder. Im Jahr 2021 wurden 6.471 und damit fast 80 % der Verdachtsmeldungen aus dem gesamten Nichtfinanzsektor von Notarinnen und Notaren abgegeben.[2] Für das Jahr 2022 zeichnet sich, auch wenn der Jahresbericht 2022 der FIU noch nicht vorliegt, erneut ein steigendes Meldeaufkommen der Notarinnen und Notare von über 7.000 Meldungen ab.

B. Praktikable Ausgestaltung der Meldungsabgabe

Geldwäscheverdachtsmeldungen sind über das Webportal „goAML“ der FIU abzugeben, bei dem sich alle verpflichteten Berufsträgerinnen und Berufsträger registrieren müssen. Derzeit können Meldungen entweder durch Hochladen einer XML-Datei oder durch manuelle Eingabe der Daten in der Eingabemaske auf dem goAML-Web-Portal erstellt werden.

Um den Notarinnen und Notaren einfach und unkompliziert die Abgabe von Verdachtsmeldungen zu ermöglichen, hat die Bundesnotarkammer in Abstimmung mit der FIU eine Anwendung programmiert, die den Notarinnen und Notaren über das sichere Notarnetz zur Verfügung steht. Dieses GwG-Meldeportal der Bundesnotarkammer bietet eine auf die Bedürfnisse der notariellen Meldefälle angepasste Eingabemaske. Nach Ausfüllen dieser Eingabemaske wird eine XML-Datei erstellt, die beim goAML-Web-Portal hochgeladen werden kann, um die Meldung an die FIU zu übermitteln. Die Funktionalitäten und die Anzahl der Eingabefelder sind im Vergleich zum goAML-Web-Portal deutlich funktionaler ausgestaltet. Hierdurch erhält die FIU in kurzer Bearbeitungszeit klar strukturierte Meldungen von Notarinnen und Notaren, die effizient und sachgerecht weiterverarbeitet werden können. Dass das GwG-Meldeportal der Bundesnotarkammer auch in der Praxis häufig und erfolgreich eingesetzt wird, belegen die Nutzerzahlen. Über 75 % der von Notarinnen und Notaren abgegebenen Meldungen werden über das GwG-Meldeportal der Bundesnotarkammer abgegeben. Damit Notarinnen und Notare auch weiterhin effektiv und ohne Mehraufwand durch eine hohe Meldeanzahl und Meldequalität zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung beitragen können, sollten bei Erlass einer Verordnung nach § 45 Abs. 5 GwG-E, wenn es ihrer überhaupt bedarf (siehe C.), unbedingt die Erfahrungen der notariellen Praxis einbezogen werden. Eine Verordnung, die Vorgaben zum Inhalt der Meldung macht, darf nicht zu unnötigen bürokratischen Anforderungen bei den Verpflichteten führen, die unter Umständen gar Verzögerungen beim Meldeaufkommen nach sich ziehen könnten.

Eine solche Verordnung sollte, um die notarielle Perspektive ausreichend zu berücksichtigen, zumindest im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz erlassen werden.

C. Auslegungs- und Anwendungshinweise als Alternative

Bereits heute stehen Möglichkeiten zur Verfügung, einen Mindestinhalt für den Inhalt von notariellen Geldwäscheverdachtsmeldungen interessensgerecht anzuordnen.

§ 51 Abs. 8 GwG sieht die Möglichkeit vor, für die Umsetzung der geldwäscherechtlichen Pflichten Auslegungs- und Anwendungshinweise zu erlassen. Diese Hinweise sollen sowohl die Umsetzung der Sorgfaltspflichten als auch der internen Sicherungsmaßnahmen abdecken.[3] Die Auslegungs- und Anwendungshinweise definieren auch den für die Verwaltungspraxis maßgeblichen Standard. Ihnen kommt somit für die FIU, für die Aufsichtsbehörden und für die Verpflichteten gleichermaßen Stabilitätswirkung zu.[4]

Die Bundesnotarkammer hat in Abstimmung mit den Landesjustizverwaltungen nach § 51 Abs. 8 Satz 2 GwG Auslegungs- und Anwendungshinweise erstellt, welchen in der notariellen Praxis eine hohe Bedeutung zukommt. Die Auslegungs- und Anwendungshinweise enthalten auch nähere Darstellungen zu den Voraussetzungen der Meldepflicht, zu Meldevorgängen und zu den notariellen Pflichten bei Abgabe einer Meldung.[5] Die Auslegungs- und Anwendungshinweise wären damit bestens geeignet, spezifische auf die Notarpraxis bezogene Vorgaben bezüglich des Inhalts der Meldung zu machen, und ließen sich in Abstimmung mit den Landesjustizverwaltungen um diesen Punkt zweckmäßig erweitern. Eine allgemeine Rechtsverordnung nach § 45 Abs. 5 GwG-E, die gleichermaßen für alle Verpflichteten gilt, wird die jeweiligen Besonderheiten innerhalb der einzelnen Berufsgruppen der Verpflichten wie etwa Banken, Versicherungsunternehmen, Finanzdienstleister, Rechtsanwältinnen und -anwälte, Notarinnen und Notare kaum berücksichtigen können.

Den einzelnen spezifischen Besonderheiten jedenfalls innerhalb der Berufsgruppe der Notarinnen und Notare lässt sich wesentlich unkomplizierter und zielgerichteter über den Weg der Auslegungs- und Anwendungshinweise begegnen.

 

[1] Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen, Entwurf eines Gesetzes über die Digitalisierung des Finanzmarktes

(Finanzmarktdigitalisierungsgesetz – FinmadiG), S. 205.

[2] Financial Intelligence Unit (FIU), Jahresbericht 2021, S. 17.

[3] Gabriel, in: BeckOK, GwG, 15. Edition, Stand: 01.09.2023, § 51 Rn. 44.

[4] Gabriel, in: BeckOK, GwG, 15. Edition, Stand: 01.09.2023, § 51 Rn. 46.

[5] S. Bundesnotarkammer, Auslegungs- und Anwendungshinweise, S. 46 ff., abrufbar unter www.bnotk.de/intern/geldwaeschebekaempfung.




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