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Grenzüberschreitende Verwendung notarieller Urkunden

Die Globalisierung führt dazu, dass immer häufiger inländische Urkunden auch im Ausland und ausländische Urkunden im Inland Wirkung entfalten sollen.

Die Wirkung einer notariellen Urkunde, insbesondere ihrer Beweiskraft in einem anderen Land als dem Errichtungsstaat, ist aber keine Selbstverständlichkeit, weil nur das eigene Land die Hoheitsbefugnis inne hat, Personen zu ernennen, die zur Errichtung von Urkunden berechtigt sind. Die territoriale Beschränkung der Wirkung von Urkunden kann den Bedürfnissen eines internationalen Rechtsverkehrs nicht Rechnung tragen. Das in Deutschland notariell errichtete Testament soll auch als notarielles Testament in Spanien gelten, wo das Ferienhaus gelegen ist. Der Handelsregisterauszug soll die Existenz und die Vertretung der GmbH nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Nachbarländern nachweisen. Eine in Deutschland errichtete vollstreckbare notarielle Urkunde soll auch für die Vollstreckung gegen den in ein Nachbarland umgezogenen Schuldner verwendbar sein. Grundsätzlich wirken öffentliche Urkunden aber immer nur in dem Land, in dem sie errichtet worden sind.

I. Grenzüberschreitende Anerkennung als öffentliche Urkunde

1. Legalisation

Um die sich hieraus ergebenden Probleme zu lösen, hat der Gesetzgeber ein Verfahren zur Anerkennung der Echtheit ausländischer öffentlicher Urkunden vorgesehen, welches als Legalisation bezeichnet wird. Hierunter versteht man die Bestätigung der Echtheit der öffentlichen Urkunde durch das Konsulat des Landes, in dem die Urkunde verwandt werden soll. Für ausländische Urkunden erfolgt die Legalisation durch das deutsche Konsulat im jeweiligen Ausstellerstaat. Durch die Legalisation beispielsweise der notariellen Urkunde einer kanadischen Notarin oder Notars durch das deutsche Konsulat in Kanada wird die Echtheit der notariellen Unterschrift und seine Eigenschaft bestätigt, also dass es sich bei der Unterschrift tatsächlich um die einer Notarin oder eines Notars gehandelt hat. Für deutsche Urkunden erfolgt die Legalisation durch die jeweilige Vertretung des ausländischen Staates. Bei notariellen Urkunden ist grundsätzlich eine Zwischenbeglaubigung durch die Präsidentin oder des Präsidenten des Landgerichts erforderlich, z. T. zusätzlich auch noch eine Endbeglaubigung durch das Bundesverwaltungsamt.

Dieses Verfahren hat sich in der Praxis allerdings als zeitraubend und kostenaufwendig erwiesen, sodass in Staatsverträgen effizientere Möglichkeiten der Anerkennung ausländischer Urkunden gesucht und vereinbart wurden.

2. Apostille

Zum einen hat das Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation als ein multilateraler Staatsvertrag besondere Bedeutung erlangt, der im Verhältnis zu mehr als fünfzig Staaten Anwendung findet. Nach diesem Abkommen wird der Echtheitsnachweis ausländischer Urkunden durch ein standardisiertes Verfahren in Form einer sog. Apostille erbracht, einem i. d. R. 9 cm x 9 cm großen Stempel, der von der zuständigen Stelle auszufüllen ist. Die Beitrittsstaaten, das Stempelmuster und auch die zuständigen Stellen können im Internet unmittelbar bei der Haager Konferenz aktuell nachgefragt bzw. angesehen werden (www.hcch.net). Zu den Beitrittsstaaten gehören insbesondere alle EU-Staaten. Eine Apostille erteilt für notarielle Urkunden die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts.

3. Befreiung von Legalisation und Apostille

Zum anderen gibt es bilaterale Staatverträge Deutschlands insbesondere mit Nachbarländern, aufgrund derer bestimmte öffentliche Urkunden von jedem Echtheitsnachweis befreit sind. Diese wurden mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien und Österreich geschlossen. Danach besitzen notarielle Urkunden aus dem jeweils anderen Land unmittelbar die Vermutung der Echtheit. Notarielle oder sonstige öffentliche Urkunden (insbesondere amtlich beglaubigte Registerauszüge) können daher ohne Weiteres im jeweils anderen Land als öffentliche Urkunden verwendet werden.

II. Grenzüberschreitende Vollstreckbarkeit notarieller Urkunden

Die grenzüberschreitende Vollstreckung ausländischer öffentlicher Urkunden wird durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezember 2012 geregelt. Die Verordnung ist unmittelbar anwendbares Recht in den Mitgliedstaaten der EU. Nach Art. 58 dieser Verordnung sind öffentliche Urkunden, die im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar sind, auch in den anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar. Eine Vollstreckbarkeitserklärung ist nicht notwendig. Stattdessen hat die antragstellende Person der Vollstreckungsbehörde die Ausfertigung der Urkunde und eine Bescheinigung, mit der bestätigt wird, dass die Entscheidung vollstreckbar ist, vorzulegen. Bei notariellen Urkunden stellt die Vollstreckungsbescheinigung das zuständige Notariat aus.

Darüber hinaus hat die Bundesrepublik Deutschland zahlreiche weitere Staatsverträge zur Regelung der grenzüberschreitenden Vollstreckung ausländischer öffentlicher Urkunden ratifiziert. Das wichtigste ist das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (LugÜ). Es gilt im Verhältnis zu Norwegen, Island und der Schweiz. Nach Art. 57 LugÜ sind Urkunden, die in einem Vertragsstaat errichtet wurden und vollstreckbar sind, auf Antrag auch in einem anderen Staat in einem speziellen Verfahren für vollstreckbar zu erklären.

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